Was will die „Zeit“?

Feministischer Zwischenruf

 - Offenbar eine Vereinigung zur Abwehr des Feminismus werden. Was will das Weib? Das fragte sich nicht nur weiland Sigmund Freud, nein, auch die Wochenzeitung Zeit stellt die Frage erneut zum Internationalen Frauentag – und ist in den vergangenen hundert Jahren offenbar nicht schlauer geworden ist.

Text: Keine Idee heute
Teaser Bild Untertitel
Was will das Weib? Das fragte sich nicht nur weiland Sigmund Freud, nein, auch die Wochenzeitung Zeit stellt die Frage erneut zum Internationalen Frauentag – und ist in den vergangenen hundert Jahren offenbar nicht schlauer geworden ist

Aber halt, Autorin Mariam Lau weiß, was Frauen wollen: Das Weib will eigentlich einen Mann und ein Kind. Der Feminismus aber hindert sie daran, weil er Misstrauen sät, mit seiner „Armada von Frauenbeauftragten“. Und seiner Männerfeindlichkeit. Und irgendwie ist er auch an den vielen Abtreibungen in Deutschland schuld.

Interessant, wie Mainstream-Medien im Moment immer antifeministischer werden. Zu den Verteidigern alter Geschlechterrollen zählt auch Kolumnist Harald Martenstein, der im Zeitmagazin zahlreiche Experimente aufzählte, nach denen Jungs nunmal anders sind als Mädchen. Männliche Babies reagieren auf Autos, weibliche auf Gesichter. Da! Es ist schon in den Genen/Gehirnen/Hormonen, suchen Sie sich etwas aus. Dass es andere Studien gibt, in denen beide Geschlechter gern in Gesichter blicken? Ignoriert.

Heide Oestreich ist Redakteurin der taz, die tageszeitung und betreut dort vor allem die Geschlechter- und Gesellschaftspolitik. 2004 erschien von ihr das Buch "Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam". 2009 wurde sie vom Journalistenverband Berlin Brandenburg für ihre langjährige Berichterstattung über unbewußte Geschlechterklischees mit dem Preis "Der lange Atem" ausgezeichnet.

Und was sollten diese Studien beweisen? Dass die jungen Väter von heute, die sich gern und mit Hingabe um ihre Kinder kümmern, vereinzelte Irrläufer der Evolution sind? Dass wer sich nicht rollenkonform verhält unnormal ist? Wie war das nochmal mit den Homosexuellen? Ach ja, die sind ja neuerdings wieder ein Fehler der Natur, jedenfalls für Martensteins Kollegen im Geiste, Matthias Matussek.

Die Frage ist doch nicht, welches Hormon gerade am Werk ist, sondern wie man gut mit anderen Menschen zusammenleben kann. Und wenn Menschen sich in stereotypen Rollen gefangen und unwohl fühlen, sind sie durchaus in der Lage, sie zu verändern. Unterhält Harald Martenstein sich zu Hause nur mit seinem Auto? Und muss er so viel schreiben, weil Autos als Kommunikationspartner so einsilbig sind?

Wahrscheinlich. Jedenfalls erklärte er kürzlich noch, dass zu viel Feminismus geisteskrank machen könne – und begründete das mit dem - angeblich von Femnist*innen gewollten - mangelnden Datenschutz für Sexualstraftäter*innen in den USA. Zu solchen Ansichten kann nur kommen, wer sich nicht mit Menschen unterhält.

Der Kampf um die Normalfamilie ist voll entbrannt. Homosexuelle und Feminist*innen stellen diese Normalfamilie in Frage. Mit Erfolg. Da bekommt die Normalfamilie Angst. Und greift gaaanz tief in die Mottenkiste: Was war nochmal der Sinn des Lebens? Jawoll, die Fortpflanzung. Und wer die verhindert oder verändert, ist ein Fehlmodell. Dabei ist ja das Schöne an der Natur, dass sie ständig Überfluss produziert. Viele verschiedene Lebensmodelle quirlen da durcheinander. Nebenbei sorgt auch jemand für die Fortpflanzung. Was für arme Wesen, die Sinn nur in der plattesten biologischen Reproduktion sehen.

Sie fühlen sich verfolgt. Von einer Armada an Gleichstellungsbeauftragten. Gern wird auch die Zahl der Gender-Professuren genannt, mit leisem Schauder: Das sind die, die uns umerziehen wollen. Also fürchten sie sich vor Gleichstellungsbeauftragten, die meistens kaum etwas durchsetzen können. Und vor Gender-Forscher*innen, die oft genug im herrschenden Diskurs gar nicht wahrgenommen werden. Und vor Homosexuellen, einer Minderheit, der in Deutschland immer noch Rechte verwehrt werden. Was ist das für eine Zwergenarmee, vor der sie sich da fürchten.

Aber vielleicht ist „fürchten“ auch etwas hoch gegriffen. Es geht vielleicht eher um Unbehagen. Ein Gefühl dem weniger Bekannten gegenüber. Jemand kratzt an der bisherigen Normalität, an den tiefsten unbewussten Geschlechterbildern. Das fühlt sich für viele Menschen zunächst einfach falsch an. Und das muss offenbar raus. Wenn dann die junge AfD auf lustigen Fotos erklärt, warum der oder die Abgebildete kein*e Feminist*in ist, hat das etwas putziges. (Sie finden, Hausfrau ist ein ehrbarer Beruf, lieben „wahre Weiblichkeit“ und lehnen „Genderwahnsinn“ ab.) Schade ist es dagegen, wenn das in ehemals linken Medien so unreflektiert geschieht.