Politik mit dem Hinterteil – die Rechtspopulisten und die Frauen

Feministischer Zwischenruf

Im Moment ist es noch zum schmunzeln: Die Jugendorgansisation (JA) der Alternative für Deutschland (AfD) macht auf Facebook mit antifeministischen Parolen im Europawahlkampf von sich reden.

Euro-Sterne Stencil auf dme Fußboden
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Der Rechtspopulismus ist in Europa zu stark. Bis zu einem Viertel der Sitze im Europaparlament wird den rechten Parteien vorausgesagt

Im Moment ist es noch zum schmunzeln: Die Jugendorgansisation (JA) der Alternative für Deutschland (AfD) macht auf Facebook mit antifeministischen Parolen im Europawahlkampf von sich reden. Klappt prima: Etliche Frauen und Männer erklären per Schildchen, warum sie keinen Feminismus brauchen: „weil mein Mann mein Fels in der Brandung ist und nicht mein Klassenfeind“ heißt es da etwa, oder: „weil eine Mutter genauso wertvoll ist, wie eine Vorstandschefin“ oder „weil ich auch mal schwach sein möchte“. Da das mit dem Feministinnen-Ärgern so gut geklappt hat, legte die „JA“ nun nochmal nach: Ein Bild mit fünf Damenhintern in Tangas wird garniert mit dem Spruch: „Gleichberechtigung statt Gleichmacherei – P(r)o Vielfalt in Europa“. Was immer das heißen sollte – Feministinnen ärgern ist für die populistische Rechte quasi ein willkommenes Nebengeschäft, das viel Aufmerksamkeit bringt.

Heide Oestreich ist Redakteurin der taz, die tageszeitung und betreut dort vor allem die Geschlechter- und Gesellschaftspolitik. 2004 erschien von ihr das Buch "Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam". 2009 wurde sie vom Journalistenverband Berlin Brandenburg für ihre langjährige Berichterstattung über unbewußte Geschlechterklischees mit dem Preis "Der lange Atem" ausgezeichnet.

Generell zielen die Rechtspopulisten in Europa ja gegen den angeblich linken Mainstream, der angeblich die Eliten beherrscht. Dazu zählen sie auch das politische Instrument des Feminismus, Gender Mainstreaming, es ist angeblich Teil der feministischen Verschwörung der europäischen Eliten gegen den echten Mann und die echte Frau. Das Feminismus-Bashing passt auch in einem zweiten Punkt exakt in den neurechten Diskurs: Der besteht darin, Ungleichheiten zwischen Menschen zu behaupten und zu betonen. Die Geschlechterdifferenz passt den Populisten da prima in den Kram. Zudem ist die populistische Rechte immer angebliches Sprachrohr der schweigenden Mehrheit: Und es gibt eine Menge Frauen, denen die feministische Herausforderung unheimlich ist und die lieber ihre alten Geschlechterrollen weiter spielen wollen – und noch viel mehr Männer.

Zugleich findet man an offiziellen Stellungnahmen zur Frauenpolitik nicht besonders viel. Es ist ein Nebenwiderspruch: Rassismus und Europafeindlichkeit sind als Motive viel stärker. Oft sind die Parteien auch frauenpolitisch diffus: Dass sie in der Wirtschaft aufsteigen etwa, begrüßen einige rechte Parteien. Die französische Front National hat sogar mal eine Geschlechterquote im Französischen Parlament gefordert. Und wo immer der Antifeminismus sich mit Europa-, Migrant*innen- und Islamfeindlichkeit verbinden läßt, gerieren sie sich geradezu als Exekutor*innen der Emanzipation: Geht es um Kopftuch- und Burkaverbote, sind sie ganz vorn mit dabei.

Kann man über das holperige Feminismus-Bashing also einfach nur lachen? Was zum Beispiel gleichberechtigte Hinterteile sein sollen, bleibt doch eher unklar. Aber so einfach ist es leider nicht. Der Rechtspopulismus ist in Europa zu stark. Bis zu einem Viertel der Sitze im Europaparlament wird den rechten Parteien vorausgesagt. Drei Gefahren gehen davon aus: Zum einen eine Blockade der Europäischen Integration, die immer auch eine der Frauen ist. Die EU war bisher ein Motor und Treiber der Emanzipation – ein rechts-konservativ beeinflusstes Parlament kann da durchaus bremsen. Zum zweiten ist Rassismus selbstverständlich auch ein Geschlechterthema – die Burkaverbote lassen grüßen. Und zum Dritten ziehen die Rechtspopulisten Stimmen auch von den linken Parteien ab und stärken generell das rechte Lager. Das war noch nie gut für die Frauenpolitik. Was können wir tun? Nicht sehr viel - aber auf jeden Fall zur Europawahl gehen.