Pegida und die Frauen

Feministischer Zwischenruf

Die schweigende – in letzter Zeit aber sehr laute - Mehrheit, die findet, der Islam passe nicht zu Deutschland, will immer auch im Namen der Emanzipation der Frau sprechen. Doch es zeigt sich schnell: bei Pegida steht nicht die Emanzipation der Frauen auf den Fahnen, sondern deren Diskriminierung.

Pegida-Demo
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Vermeintlich das Volk: Was die „Patriotischen Europäer“ eint, ist gerade nicht der mit 1989 verbundene Kampf gegen Mauern an Landesgrenzen und in den Köpfen - sondern das blanke, ressentimentgeladene Gegenteil.

Da haben wir wieder den Salat: Pegida-Spaziergänger*innen, die ein Plakat hochhalten, auf dem Angela Merkel mit Kopftuch zu sehen ist. Die Angst vor der Islamisierung des Abendlandes, garniert mit der Kritik an der Unterdrückung der Frauen in weiten Teilen der islamischen Welt. Der Salat ist ein Intersektionalitätsproblem: Da ist jemand gegen Sexismus und verhält sich dabei rassistisch. Auf den Punkt bringt diesen diskriminierenden Antisexismus mal wieder Pegida-Versteherin Alice Schwarzer, die auf ihrer Homepage tönt, dass sich alle über Pegida, aber niemand über die Islamisten aufrege. Beides ist möglich, Frau Schwarzer!

Aber zum Inhalt: Die schweigende – in letzter Zeit aber sehr laute - Mehrheit, die findet, der Islam passe nicht zu Deutschland, will immer auch im Namen der Emanzipation der Frau sprechen. Und schon steht Alice Schwarzer bei Fuß. Dabei müsste sie sich eigentlich wundern, wie sie, die einst notorisch verketzerte und verfemte Feministin plötzlich zur Sprecherin einer Mehrheit werden konnte, der sogar die FAZ applaudiert. Aber das tut sie nicht, ganz politisches Schlachtross nimmt sie die Mehrheiten mit, die sie kriegen kann, egal wie absurd die sein mögen.

Heide Oestreich ist Redakteurin der taz, die tageszeitung und betreut dort vor allem die Geschlechter- und Gesellschaftspolitik. 2004 erschien von ihr das Buch "Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam". 2009 wurde sie vom Journalistenverband Berlin Brandenburg für ihre langjährige Berichterstattung über unbewußte Geschlechterklischees mit dem Preis "Der lange Atem" ausgezeichnet.

Sieht man sich die Forderungen der Pegida genauer an, dann sind diese höchst banal: Ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild, eine Integrationspflicht für Zuwanderer, die Wahrung der jüdisch-christlich-abendländischen Kultur, nichts, was nicht auch CSU und CDU im Programm haben könnten. Die emotionale Beteiligung der Demonstrant*innen speist sich offenkundig eher aus einem generellen Unbehagen an dem Fremden, das in Zeiten von Terror und deutschen IS-Kämpfer*innen immer unwägbarer zu werden scheint, die deutschen Muslime: ein Volk von „Schläfern“? Das aber ist der klassische Diskurs der Ausgrenzung, der oft den Gewalttaten gegen eine Bevölkerungsgruppe vorangeht: Die Minderheit wird als gefährlich imaginiert, es gibt sogar drei Hinweise darauf – und schon bricht sich eine allgemeine Panik Bahn, die im Rassismus endet – und auch schon zu Völkermorden geführt hat.

„Aber der Islam ist doch patriarchal“, höre ich Menschen wie Schwarzer einwenden. Ja, die vorherrschenden Interpretationen des Islam sehen oft tatsächlich eine Dominanz des Mannes vor. Doch dieses Problem geht man nicht durch Zuzugsbeschränkungen an, sondern durch Diskussionen mit den Muslimen. Man geht damit auf sie zu, anstatt die Schotten dicht zu machen und schlicht Anpassung zu fordern. Man startet eine Kommunikationsoffensive, anstatt die Kommunikation zu verweigern. Man unterstützt muslimische Frauen – anstatt über den Islam im Allgemeinen zu lästern.

Noch ein Indiz dafür gewünscht, dass bei Pegida nicht die Emanzipation auf den Fahnen steht, sondern die Diskriminierung der Frauen? Sehen Sie mal in deren Forderungen nach: Punkt 17 lautet: „Pegida ist gegen dieses wahnwitzige Gender-Mainstreaming, auch oft Genderisierung genannt, die nahezu schon zwanghafte, politisch korrekte Geschlechtsneutralisierung unserer Sprache!" Gender Mainstreaming aber ist sehr viel mehr als die angesprochene Sprachkritik, es ist die aktuelle Form der Gleichstellungspolitik in Deutschland, Europa, ja sogar weltweit. Gender Mainstreaming will Ungleichheiten zwischen Geschlechtern abbauen. Dass Menschen, denen alles Neue Angst macht, Gender erst einmal ablehnen – geschenkt. Nur kann man nicht gleichzeitig behaupten, die Frauenrechte seien sein originäres Anliegen. Die Forderung Nummer 17 ist der beste Beweis dafür, dass es Pegida keineswegs um Frauenrechte geht, wenn die Bewegung den Islam kritisiert. Preisfrage: Worum geht es denn dann Alice Schwarzer, wenn sie Verständnis für Pegida fordert? Verständnis für die, die Frauenrechte ablehnen?