Frauenfußball – aus der Sicht einer jungen Frau, die mit dem Ball spielt

Diane Sousa
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Diane Sousa
Ein Bericht von  Gegenerinnen-Aufklärung-Gast Diane Sousa aus Brasilien.1

Alles nahm seinen Anfang ... in der Baixada Maranhense

Die ersten Bälle...

Fußball spiele ich seit ich neun bin!

Den ersten Kontakt mit dem Ball bekam ich auf der Straße vor unserem Haus, zusammen mit meinen Cousins und Schulfreunden.

Das Spiel funktionierte ganz einfach. Damals, vor zehn Jahren, hatten wir einen Straßenraum zur Verfügung, der für jeden von uns einzigartig war. Unsere Eltern sagten immer, unsere Straße sei “unser Zuhause''. Dort spielte sich alles ab!

Die Straße war der Ort, wo wir unsere unterschiedlichen Erlebnisse informell weitergaben, wo wir frei sein konnten, ohne Angst zu lächeln und neue Freunde aus anderen Stadtvierteln zu gewinnen, wo unsere Träume Gestalt annahmen und wir uns alle eine gemeinsame Zukunft ausmalten. Leider verliert dieser Raum heute zunehmend sein Wesensmerkmal.

Am Ende des Nachmittags, so gegen sechzehn Uhr, begannen wir zu kicken - mit vier von den Nachbarn geliehenen oder am Straßenrand aufgelesenen Backsteinen und einem Ball. Den Ball hatten wir uns auch geliehen oder einer von uns hatte am Anfang des Monats, wenn unsere Eltern ihren Lohn erhalten hatten, einen Ball geschenkt bekommen. Manchmal behalfen wir uns auch mit der berühmten “vaquinha”! “Vaquinha” war der Name, den wir für unsere zusammengekratzten Centavos benutzten. Es handelte sich um eine Hilfe auf Gegenseitigkeit unter Freunden, für uns ein toller Ausweg. Alles, was in die Kasse kam, war willkommen: zehn Centavos, fünfzig Centavos ... bis wir irgendwann drei Reais beisammen hatten, was für den Kauf des billigsten Balls, der in den örtlichen Läden zu haben war, ausreichte.

Diesen Plastikball nannten wir “pico de jaca”. Der Kauf des Balls war jedoch erst der Anfang der Geschichte, denn da es sich um den billigsten handelte, ging er schnell kaputt. Wenn er durch einen Schuss im Stacheldrahtzaun des Nachbarn landete, bekam er garantiert ein Loch. Bei einem kräftigen Stoß mit dem Fuß platzte er auf. Daher mussten wir den Ball buchstäblich auf dem Feuer kochen, damit er härter und widerstandsfähiger wurde. Dadurch wurde er schrumpelig, war aber während ein oder zwei Spielwochen zu gebrauchen. Der gekochte Ball brachte uns eitel Glück und Sonnenschein! Alle auf der Straße stellten Mannschaften zusammen, bestimmten Verteidigungspositionen, forderten sich gegenseitig heraus ...

Gegen siebzehn Uhr war das Spiel zu Ende. Um diese Zeit riefen die Eltern uns, damit wir zum Duschen und zum Abendessen kamen. Es war eine Zeit, die zärtliche Erinnerungen in mir wachruft!

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Die ersten Hürden...

In den meisten Fällen entstanden sie zu Hause, in meinem persönlichen Fall in der Familie. Es gab einige Verwandte, die mich verurteilten, weil ich Fußball spielte. Ich besaß Puppen und spielte auch mit meinen Freundinnen “Häuschen”, aber ich erinnere mich auch, dass wir gerne Fußball gespielt haben. Auf Grund dieser Vorliebe gab es oft gegenseitige Erpressungsversuche: Meine Verwandten wollten mich vom Fußball abhalten und wir [Kinder] wollten unbedingt weitermachen, da es sich für uns um ein Kinderspiel handelte.

Da ich also weiterhin Fußball spielte, erhielt ich u. a. den Spitznamen “maria machinho”, Tomboy. Das hat mich schon ein wenig gestört. Ich wollte zwar spielen, machte aber oft einen Rückzieher oder konnte aus irgendeinem Grund nicht mitspielen und fand mich mit der Situation ab. Ich bin der Auffassung, dass die Familie die Kinder, wenn sie Interesse zeigen, unterstützen sollte, an diesen pädagogischen Praktiken teilzunehmen. Ich liebe den Fußball, weil ich mich durch das Spielen befreie, doch die Erkenntnis, dass wir [Frauen] in der Lage sind, nicht nur Fußball zu spielen, sondern auch andere Aktivitäten auszuüben, ist das, was immer noch fehlt. Ich sage das, denn es ist ja in Wirklichkeit ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, damit eine Gesellschaftsstruktur entsteht, die den Menschen die gleichen Chancen und Bildungsmöglichkeiten einräumt.

Es steht außer Zweifel, dass wir Frauen das Zeug dazu haben – ein Blick auf Brasilien genügt, um festzustellen, welch großen Raum die Frauen im Verlauf all dieser Jahre und vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten erobert haben. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass wir eine Frau als Staatsprädentin haben würden. Und nun haben wir Dilma! Auf dem Cover der Wochenzeitschrift “Época” war in der zweiten Maiwoche das Foto von Luiza zu sehen, einer der wichtigsten brasilianischen Unternehmerinnen im Einzelhandelssektor. Sie ist als Mitbewerberin auf Augenhöhe mit den traditionellen Unternehmensgruppen dieses Wirtschaftszweigs und sie ist der sichtbare Kopf des Geschäfts. Ich sage der sichtbare Kopf, denn in vielen Fällen spielt die Frau eine herausragende Rolle, doch sie bleibt im Hintegrund, tritt nie in Erscheinung. Nehmen wir ein anderes Beispiel, weit von der Baixada und von Brasilien entfernt, das sich in der nördlichen Halbkugel ereignet hat ... und euch näher ist: Es ist vorstellbar, dass Nannerl (Maria Anna Walburga Ignatia Mozart) genau so berühmt wie ihr Bruder hätte werden können, aber da Frauen hinter den Kulissen verbleiben mussten, ist sie nur denen bekannt, die sich mit der Biografie des Musikers auseinandersetzen.

Das Gleiche ist – historisch gesehen – im Rahmen des Fußballs in Brasilien passiert. Wie viele Martas hätten bereits in Erscheinung treten können! Wie viele Frauen hätten glücklicher und weniger unterdrückt sein können!

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Ein Ball, ein kleiner Bolzplatz und die ersten Augenblicke im Spiel von Junge und Mädchen...

Die Jungen tolerierten Mädchen in ihren Mannschaften nur nach langem Schmeicheln und vorausgesetzt, diese konnten spielen, sonst wäre es ihnen nicht im Traum eingefallen, uns aufzunehmen – aber auch das war uns egal, wir probierten es einfach immer weiter, denn wir wollten um jeden Preis mitspielen. In meinem Fall war es so, dass ich “spielen konnte’’, was mir das Leben aber auch nicht leichter machte, denn es gab keine freien Plätze und viele männliche Spieler wollten in die Mannschaften aufgenommen werden.

Es ging alles sehr schnell, die Spieler wurden nicht ausgewechselt, und wenn wir mitmachen wollten – vorausgesetzt, man hatte es uns erlaubt –, dann mussten wir auch die Konsequenzen tragen, d. h. es regnete harte Bälle und keiner kümmerte sich um etwas zartere Befindlichkeiten. Nach und nach haben wir diese männliche Art, Fußball zu spielen, übernommen und das Kicken ging weiter.

In der Schule fanden viele Turniere statt, doch alle waren nur für männliche Mitschüler gedacht. Für die Frauen gab es kein einziges Turnier. Wenn es ausnahmsweise mal eine Möglichkeit für die Mädchen gab, waren diese meist nicht in ausreichender Zahl verfügbar, denn sie hatten ja keine regelmäßige Spielpraxis. In diesem fall wurden die Jungs aufgefordert, vor allem den Platz des Torhüters einzunehmen. Von diesem Augenblick an fühlten sie sich als Herren des Teams, was überaus irritierend war.

All das ist tief in dieser brasilianischen Kultur verwurzel, in der die Frau beispielsweise noch immer als ein sehr fragiles Wesen gesehen wird, das wegen jeder Kleinigkeit in Tränen ausbricht, für dieses und jenes keine Kraft hat und dies und das nicht tun darf oder kann. Doch in Wirklichkeit hat uns nie jemand gefragt, ob wir es können oder nicht. Und was wir alles können und wollen. In unserer Gesellschaft wurden lediglich Gesetze geschaffen und es sind Gewohnheiten und Traditionen entstanden, die vorgeben, was man tun darf und was nicht.

Was trotz all dieser Hürden bleibt, ist die Erinnerung an eine Zeit, in der wir sehr glücklich waren. Dort, auf dem Erdboden, dem Asphalt, dem Rasen, den Schiefersteinen, im Schlamm und auf den überschwemmten Feldern der Baixada Maranhense, umserem lieben Pantanal, ist es mir oft gelungen, all meine innersten Gefühle nach außen zu kicken. Und es war der Ball, der meinem Fuß Zielsicherheit und Kraft gab.

In der Stadt São Bento habe ich zusammen mit meinen Freunden gelernt, dass ein Ball und ein kleiner Platz uns verschiedene Möglichkeiten eröffnen, zu träumen und glücklich zu sein, uns zu emanzipieren.

Heute verstehe ich, dass das Spiel zwischen Jungen und Mädchen als Performance versucht, unabhängig von biologischen Ungleichheiten eine Gleichheit herzustellen: im Anstoß, im Stil ...

Wenn man das Spiel begreift unter dem Gesichtspunkt der Mediationsmethode im Straßenfußball mit seinen drei Teilzeiten – 1. Zeit = Besprechung; zweite Zeit = Spiel; dritte Zeit = Auswertung –, dann messen Jungen und Mädchen zusammen nicht ihre Kräfte, sondern sie teilen sich solidarisch einen Ball, der, von allen angetrieben, über das Feld rollt. Wenn ein Junge den Ball mit aller Kraft schießt, kann das Mädchen das auch, aber es kann auch einen schärferen Verstand haben ... und umgekehrt. Mit anderen Worten: die Summe der Fähigkeiten gleicht sich aus. És geht um Diversität ohne Unterschiede auf dem Spielfeld.

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Die Möglichkeit, in großen Teams zu spielen...

Mit der Zeit habe ich andere Wege eingeschlagen, das heißt, ich habe mir andere Spielstätten erobert, habe bereits in Sporthallen mit Bällen guter Qualität gespielt, zusammen mit vielen Mädchen und ohne den obligaten Jungen im Tor. Dann begann ich bei Turnieren gegen andere Schulklassen und andere Schulen sowie bei Städteturnieren mitzumachen.

Die Donnerstage, Samstage und Sonntage waren mir und den anderen Mädchen heilig, um in der Sporthalle eines Bezirks meiner Stadt Fußball zu spielen. Wir lockten eine beträchtliche Zuschauerzahl an, die Leute sahen uns gerne spielen, aber es waren auch absolute Superspiele. Das kann ich ganz unbescheiden sagen!

An einem dieser Spieltage, nachdem ich ungefähr drei Spiele hinter mir hatte, sprach mich ein Mann an und und fragte, ob ich nicht Lust hätte, an anderen Orten in Brasilien zu spielen. In dem Moment musste ich lächeln, aber er meinte es ernst, es gab nur ein Problem: In der Vergangenheit hatte ich diesen Wunsch durchaus verspürt, aber jetzt war er wie weggeblasen!

Von diesem Tag an gingen mir andere Fragen durch den Kopf: Wie konnte ich meiner Familie helfen? Was tun? Natürlich musste ich sie irgendwie unterstützen, doch ohne mir selbst zu schaden und ohne mich zu vergewaltigen. Ich habe mich dann gegen jedwede professionellen Fußballvereine entschieden und bereue es nicht, denn ich hatte gemerkt, dass der Fußball großen Spaß machen kann, dass er eine Leidenschaft ist! Ein schönes Spiel und alles, was man mit einem Ball anstellen kann, ist für mich etwas ganz Tolles, doch der Wettkampf, die Performance an sich, und mein Leben in der Hand von Unternehmern – das begeistert mich nicht. Wenn das Spielen einerseits Befreiung ist, so bedeutet andererseits, einem einzigen “Herren” zu gehören, eine um so größere Gefangenschaft.

Seitdem bin ich überzeugt, das der sportliche “Wettkampf” sich nur lohnt, wenn er sich als die einzige Form herausstellt, zwischen Männern und Frauen einen Disput auszutragen, ohne dass sie dabei zu Feuerwaffen greifen. Wenn zwei Länder die Muskeln spielenlassen wollen, dann sollen sie aufs Fußballfeld gehen. Sollen sie streiten und spielen, ohne dass es einen Toten gibt. Anschließend mögen sie Arm in Arm zu den Umkleidekabinen gehen, sich duschen und sich dann auf den Weg nachhause zu ihren Familien machen.

Ich möchte mich für den Fußball einsetzen, für die Emanzipation der brasilianischen Frauen, die aktiv Sport machen und weiterhin auf der Straße, im Viertel, auf den Bolzplätzen kicken oder an Festivals teilnehmen wollen. Ich möchte ein Leben haben, das mit Lebensfreude gepaart ist und in Einklang mit meinen Träumen und dem Respekt meiner Privatsphäre steht, in dem ich den Alltag mit der Familie teilen und mit meiner Arbeit einen Beitrag zur Gesellschaft leisten kann.

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Der Straßenfußball und das integrierte Programm Jugendprojekte "Cip Jovem Cidadão"

Im Dezember 2006 hatte ich zum ersten Mal Kontakt zu “CIP Jovem Cidadão”. Anfänglich hatte das nicht mit dem Straßenfußball zu tun, sondern mit der Musik – eine meiner anderen großen Leidenschaften. Es geschah alles zu einem Zeitpunkt, als die Organisation in der Baixada Maranhense 20 Stabsmitglieder eines ihrer Förderer, der W. K. Kellogg-Stiftung, empfing. Sie waren auch in meiner Stadt und ich beteiligte mich an den Jugendveranstaltungen des Berufsbildungszentrums “Centro de Ensino Médio e Educação Profissional (CEMP)”, wo ich meine Ausbildung machte. Damals bin ich auch von den Profis des “Instituto Formação” des Bereichs Kunst und Kultur eingeladen worden, um mit ihnen und den Jugendlichen aus diesem Bereich zusammen zu spielen, während in meiner Stadt das Jugendforum lief. Zu der Zeit war ich dreizehn Jahre alt! Ich erhielt viele Informationen über dieses Projekt und fand alles sehr interessant, obwohl mich die unzähligen Details und die vielen gleichzeitig laufenden Aktionen ein wenig verwirrten.

Im selben Jahr reisten Jugendliche aus der Baixada Maranhense über “CIP Jovem Cidadão” zur WM nach Deutschland. Einer von ihnen, der aus São Bento kam, mobilisierte nach seiner Rückkehr die Jungendlichen aus der Stadt, um das, was er gelernt hatte, weiterzugeben und eine AG Straßenfußball zu gründen. Er gehörte zum Bereich Sportunterricht, Sport- und Freizeitaktivitäten des Jugendforums. Ich sagte mir: Toll, da mach ich mit! Schließlich ging es um Fußball.

Zusammen mit vielen Freunden und Freundinnen aus meinem Stadtviertel nahm ich an der AG teil. Als ich ankam, bekam ich einen Schreck, sie wandten eine komische Methode an ... Drei Spielzeiten? Jungen und Mädchen zusammen im gleichen Spiel, länger als zehn Minuten und ohne Respektlosigkeiten und Gewalt? Das Ganze in der dritten Spielzeit überdenken? Vereinbarungen, was den Umgang miteinander betraf? Ich war mir sicher, dass das nicht funktionieren konnte.

Ich habe alles beobachtet und es allmählich verstanden, habe mitgemacht und mich anschließend am Jugendforum und den verschiedenen Aktivitäten des CIP Jovem Cidadão beteiligt.

Dann bot sich mir auf einmal die Möglichkeit, außerhalb zu spielen, ich gehörte bereits zum Forum und war schon nicht mehr dasselbe Mädchen, wirlich nicht! Mit dreizehn bin ich dazugestoßen, heute bin ich neunzehn und kann sagen, dass es nicht leicht ist, in Brasilien die Vorstellung des Fußballspiels als Freitzeitsport und nicht nur als Wettkampf zu verbreiten, aber unmöglich ist es nicht!

Über den Straßenfußball habe ich andere Möglichkeiten erfahren, mit Menschen zusammenzuleben, sie zu respektieren, zu verstehen und auch mich selbst zu verstehen. In jedem neuen Workshop, den ich mit den Kindern, Teenagern und Jugendlichen durchführe, humanisiere ich mich. Die Teilnehmer überwinden die Sprachlosigkeit angesichts des Neuen und erleben die Freude einer solidarischen Praxis in einem Sport, von dem immer gesagt wurde, dass nur der Stärkste gewinnt. Durch diese Inklusionsmethode gewinnt plötzlich derjenige, der am höflichsten und in der Lage ist, alle in ihrer Diversität zu respektieren. Der auf die Erde geworfene Ball knüpft sozusagen von Fuß zu Fuß Netze der Solidarität, der Emanzipation und des Kampfes gegen Vorurteile.

Viele Kinder, Teenager und Jugendliche, mit denen ich arbeite, erzählten mir, dass sie noch nie einen Ball angerührt hatten, weil sie nicht spielen konnten, und über den Straßenfußball war das möglich geworden. Das bekräftigt nur, dass der Unterschied in den Chancen liegt, die sich einem jeden mit seinen Einschränkungen bieten - oder auch nicht. Ich stamme aus der Baixada Maranhense und habe, wie viele andere aus diesem Gebiet, nichts weiter als eine Chance gebraucht und die ist uns gegeben worden.

Seit 2003 haben viele Jugendliche aus der Baixada Maranhense die Möglichkeit bekommen, mit Jugendlichen aus anderen Ländern Erfahrungen und Erkenntnisse zu teilen und auszutauschen. Jungen Brasilianern wurde es möglich, die Region, in der sie leben, kennen und lieben zu lernen. Nun versuchen sie, diese zu entwickeln mit dem Ziel, eine Gesellschaft aus gleichberechtigten Bürgern daraus zu machen und eine Region aufzubauen mit ihren Träumen als “Botschafter der Baixada” in unterschiedlichen Bereichen: in der Kommunikation, der Kunst, dem Sport. All das ist möglich, denn wer über den Tellerrand hinausschaut, kommt dort hin, wo er hin will. Vorurteile aufzulösen ist eine Haltung, die alle Seiten emanzipiert.

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Abschluss

Zum Abschuss möchte gern zusammen mit euch eine Überlegung anstellen. Es wird kaum jemand hier sein, der die Musik nicht als etwas begreift, das Sensibilität erfordert und das, von so vielen Männern und Frauen ausgeübt, uns durch den Widerhall der Musiknoten eine Annäherung an das Erhabenste auf der Welt ermöglicht! Die Musik entführt uns in die Höhe. In der Zeit zwischen 1751 und 1829, der Zeit von Nannerl, hätte die europäische Gesellschaft, in der sie gelebt hat, sie womöglich auch einen ”Tomboy” genannt, so wie es die brasilianische Gesellschaft, von wenigen Ausnahmen abgesehen, noch immer im 21. Jahrhundert in Bezug auf Mädchen tut, die Fußball spielen wollen. Der Ball, der über den schlammigen Boden oder den Rasen rollt, ist in unseren Augen letztendlich doch wie die Musiknoten in unserem Ohr. Für den, der Leidenschaft empfindet, tragen beide zur Erhöhung und Befreiung bei.

Ich denke, die Gesellschaft sollte im Kamppf gegen Vorurteile noch schneller voranschreiten als im Bereich der neuen Technologien. Wer weiß, vielleicht hilft uns ja die Anwendung der technologischen Hilfsmittel zusammen mit dem Fußballspiel, den Traum der Emanzipation der Frauen wahrzumachen, denn nur so können wir eine menschlichere und nachhaltige Welt für die zukünftigen Generationen schaffen. Wir alle sollten unseren Teil dazu beitragen.

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Endnoten:
1 Dieser Text ist die Grundlage für eine Reihe von Vorträgen in Deutschland, die vom 16. bis zum 21. Mai im Rahmen der parallel zur FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011 stattfindenden Veranstaltung “Gegnerinnen-Aufklärung – GENDER KICKS On Tour” gehalten werden.

2 Mitarbeiterin der Organisation “Formação” im Bereich Sport und soziale Teilhabe. Seit ihrem 13. Lebensjahr war Diane Sousa an den Maßnahmen von “Formação” über das Ausbildungsprogramm im Bereich Sportunterricht, Sport- und Freizeitaktivitäten – “CIP Jovem Cidadão” beteiligt, und zwar für die Stadt São Bento. Im Jahr 2008 nahm sie an der Südamerikameisterschaft in Chile teil und 2010 war sie als Vertreterin von “Formação” im Rahmen des Austauschprogramms ASA bei KickFair in Deutschland. In diesem Jahr nahm sie auch als Mentorin an dem Straßenfußball-Festival in Südafrika teil. Zur Zeit koordiniert sie das Projekt Sport- und Freizeitzentren in TR Campos e Lagos, das von der Stiftung “Fundação Banco do Brasil” gefördert und von “Formação” in Kooperation mir anderen Organisationen der Baixada Maranhense ausgearbeitet und koordiniert wird, und ist für die Konzeption neuer Projekte mitverantwortllich.

3 Die Baixada Maranhense ist eine Region im Bundesstaat Maranhão, die westlich der Hauptstadt São Luis liegt. Von Belém, der Hauptstadt des Bundesstaates Pará, ist sie ebenfalls nicht weit entfernt. Ein Teil der Baixada besteht aus Küstengebiet und ihre Vegetation ist typisch für den Amazonasrand. Die Bevölkerung ist mehrheitlich schwarz, aber es gibt auch Weiße und zahlreiche Mestizen aus Weißen, Schwarzen und Indianern. Es handelt sich um eine wunderschöne Region mit Flüssen und Wäldern aus Babassupalmen, deren Felder und Seen während der Regenzeit unter Hochwasser stehen und sich somit in einen Sumpf verwandeln. Sobald der Regen aufhört, kommt die Trockenheit schnell zurück – genau wie in den semiariden Landschaften des Nordostens. Aufgrund des Zusammentreffens von Süß- und Salzwasser bietet der größte Teil des Wasservorkommens kein Trinkwasser und die öffentliche Wasserversorgung sowie die Aufbereitung von Flusswasser ist unzureichend.

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