43. Green Ladies Lunch - Welche Strategie gegen Online Harassement?

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Feministische Netzpolitik: Digitale Öffentlichkeit und Kommunikationskultur – Perspektiven feministischer Netzpolitik

Mit:

  • Lucy Chebout
  • Ricarda Drüeke

Der erste Ladies Lunch (LL) zu Feministischer Netzpolitik, mit dem Thema „Netzneutralität vs. Selbstregulierung“ hat gezeigt, dass aus feministischer Sicht Fragen nach Netzneutralität, Privatsphäre/Datenschutz universalistische, gesetzlich zu verankernde Rechte sind. Die Mehrheit der Teilnehmerinnen fokussierte sich stärker auf die Kommunikationskultur und Fragen zu deren Regulierung, wenn es um Teilhabe und Chancengleichheit geht. (s. Protokoll vom LL 14.6.13) Kathrin Ganz hat in ihrer Studie bereits herausgearbeitet, dass digitale Öffentlichkeit und Kommunikationskultur auch wesentliche Faktoren für Teilhabemöglichkeiten im Internet sind. Daher richten  wir das 2. LL zum Thema  feministischer Netzpolitik mit dem Schwerpunkt auf Digitale Öffentlichkeit und Kommunikationskultur aus.

Die Gefahr, Opfer von gewaltvoller Kommunikation „harassment“ oder Drohungen im Internet zu werden, ist für marginalisierte Gruppen ungleich hoch. Mobbing, sexualisierte Gewalt, Sexismus, Rassismus sind, teils alltägliche, Erfahrungen für Menschen, die sich jenseits des Mainstreams bewegen. Allgemeine Regeln, seien sie gesetzlicher oder gesellschaftlicher/kommunikativer Art scheinen im Internet außer Kraft gesetzt zu sein. Dabei spielt die Möglichkeit der Anonymität zwar eine Rolle, ist aber nicht durchgängig bestimmender Faktor. 

Für eine gerechte, diskriminierungs- und angstfreie Teilhabe und Kommunikation im Netz braucht es Regeln. Ob diese Regeln gesetzlich vorgegeben oder Communitiy basiert sein sollten, bzw. in welchem Verhältnis sie zueinander stehen, ist genauer zu klären und auszuhandeln. Hierzu gehört zudem,  in die Analyse und strategischen Planungen von Regulierung  einzubeziehen,  welche  Rolle Wirtschaftsunternehmen/ Plattformanbieter_innen spielen. Denn gerade die großen Unternehmen/Anbieter richten die Kommunikation einerseits nach finanziellen Aspekten aus, andererseits nach tradierten kulturellen Wert- und Normvorstellungen. Intersektionale Ansätze, die z.B. vielfältigere Geschlechter- und andere Menschenbilder und Lebensweisen beinhalten und Herrschaftsverhältnisse kritisch betrachten, bleiben oft außer Acht oder werden sogar ausgehebelt. 

Forderungen nach Regulierung sind im Kontext von Webpolitik und staatlichen Zugriffen, vor dem Hintergrund der Bedrohung der Netzneutralität und freien Kommunikation im Netz, nicht unproblematisch. Sie schüren die berechtigte Angst, dass bei gesetzlicher Einflussnahme auf Kommunikationsverhalten im Internet generell die freie Rede und das Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt und damit das Tor für Zensur geöffnet wird. Dazu kommt die Sorge,  dass Datenschutz und Privatsphäre durch solche Regelungen sehr stark eingeschränkt werden. Wie berechtigt diese Angst ist, zeigen die derzeitigen Überwachungsskandale durch PRISM & Co..

Ob und wie dauerhafte Regulierung durch Communities selbst entwickelt werden und wie diese aussehen könnte, ist bisher noch nicht geklärt. Hier stehen u.a. folgende Fragen im Raum:

  • Gibt es universal anwendbare Strategien (eventuell schon Best practise Beispiele #FBRape. #aufschrei) oder muss für jeden Fall eine neue Strategie entwickelt werden?
  • Wer trägt (welche) Verantwortung für die Kommunikationskultur im Netz: Der Staat, Plattformanbieter_innen, die Communities, das Individuum?
  • Welche Strategien der Regulierungen seitens der Communities gibt es bisher und nach welchem Muster sind sie entwickelt worden? (Bsp. #FBRape; #aufschrei und ähnliches)
  • Was sind mögliche Handlungsstrategien um Umgang mit Trollen, Mobbing und Stalking im  Internet?
  • Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, sich gegen hate-speech und harassment zur Wehr zu setzen? Was können wir aus bereits bestehenden Regelungen in diesem Bereich lernen/übernehmen?
  • Reichen, im Falle gesetzlicher Regelungen, noch nationale Vereinbarungen? Gleiches gilt für Community-basierte Regeln: Inwiefern ist es notwendig, trans-/internationale Bündnisse zu schließen? Wie können diese erreicht werden?
  • Gibt es Grenzen der Meinungsfreiheit im Netz und (wie) kann/soll sanktioniert werden?
  • Perspektive/ Ausblick: Welche Strategien wollen wir entwickeln/ anwenden?