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Bulgarien

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Flag of Bulgaria

Geschlechterpolitische Situation in Bulgarien

Übersicht

Rechtslage:

Akteur_innen:

Wissenschaft

Kurzbeschreibung und -bewertung

Bulgarien hat mit dem Beitritt zur Europäischen Union viele Schritte getan, um europäische Standards in Sachen Gleichstellung der Geschlechter zu schaffen, vor allem, was die Gesetzeslage betrifft. So ist die Umsetzung der Gleichstellungsstandards in Bulgarien ist zufriedenstellend, was vor allem mit der Verabschiedung eines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes zusammenhängt und mit der Schaffung der Kommission für den Schutz vor Diskriminierung. In den 2010er Jahren gab es keine weiteren Ergänzungen  oder neue Gesetze, die Gleichstellung betreffend. Auch einschlägige Rechtssprechungen blieben aus, was möglicherweise daran liegt, dass Fachkräfte in Politik und Justiz über unzureichendes spezifisches know-how verfügen. Eine abschreckende Wirkung von Strafen oder Sanktionen bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bleiben leider sehr gering.

Das Sozialversicherungssystem in Bulgarien ist noch nicht kompatibel mit dem EU Modell der sozialen Sicherheit, was sich u.a. noch in den Regelungen für den Mutterschutz und den Elternurlaub niederschlägt.

Im April 2016 unterzeichnete die bulgarische Regierung die Istanbul Konvention zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt des Europarats unterschrieben. Eine Ratifizierung steht noch aus.

Das Thema Chancengleichheit bzw. Gleichstellung der Geschlechter ist in Bulgarien vielleicht nicht vorrangig, gerade wenn es um Diskriminierungsfälle geht (hier überwiegen Anfragen an die Antidiskriminierungs-Kommmission bzgl. Ethnie oder Religion), aber es wird durchaus in Argumentationen eingebracht. Wie es bspw. die Regierung tat bei dem Vorschlag von Irina Bokova als neue UN-Generalsekretärin. Eine Begründung hier war ihre Fähigkeit, starke Unter­stüt­zung von UNO-Initia­ti­ven im Bereich Gleich­stel­lung der Geschlech­ter kon­so­li­die­ren zu können.

Die Politik der Chancengleichheit konzentriert sich in Bulgarien vor allem auf den Arbeitsmarkt. Der Politikbereich liegt in der Verantwortung des Arbeitsministeriums. Rund 56 % beträgt die Frauen-Beschäftigungsquote, was ungefähr im EU-Durchschnitt liegt, aber 5 % unter der Beschäftigungsquote der Männer in Bulgarien. In Teilzeit arbeiten nur 2,5 % der bulgarischen Frauen, das liegt weit unter dem EU-Durchschnitt von 32 %. Weiterhin ist es auch in Bulgarien notwendig, diejenigen mit akademischem Abschluss für gender-untypische Berufe zu motivieren, vor allem die Männer.

Frauen sind in den Vorständen mit 12 % und Managementpositionen mit 31 % unterrepräsentiert. Die Einkommenslücke der Frauen gegenüber Männern beträgt 13-21%.

Quellen:
European Commission, Country report Gender equality, How are EU rules transposed into national law?  Bulgaria, Genoveva Tisheva, Reporting period 1 January 2014 – 1 July 2015

European Commission, The current situation of gender equality in Bulgaria – Country Profile 2013

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Rechtslage

Gleichstellungsrecht

Vor dem Beitritt Bulgariens wurde die Gleichstellung in die Verfassung aufgenommen und Gesetze für Gleichstellung verabschiedet, in Anlehnung an die EU-Richtlinien.

Die Politik der Chancengleichheit liegt seit 2000 in der Verantwortung des Ministeriums für Arbeit und Soziales.

Dort arbeitet die Abteilung für Chancengleichheit, Anti-Diskriminierung und Sozialhilfe u.a. an der Gleichstellung der Geschlechter. Diese Abteilung koordiniert und implementiert die staatliche Gleichstellungspolitik. Sie ist für die Überwachung ebenso zuständig wie für die Identifizierung von Möglichkeiten der Realisierung von Geschlechtergleichstellung sowie der Forschung in dem Bereich. Die Abteilung analysiert und bewertet auch die nationalen Rechtsvorschriften in Übereinstimmung mit dem EU-Recht. Die Abteilung fungiert als Sekretariat des Nationalen Rates über die Gleichstellung von Frauen und Männern in den Ministerrat. Sie ist auch verantwortlich für nationale Aktionspläne und arbeitet auf europäischer Ebene in verschiedenen Arbeitsgruppen. Außerdem steht sie in Kontakt mit anderen nationalen Einrichtungen (z.B. Ombudsmann, Kommission zum Schutz vor Diskriminierung, dem statistischen Amt) sowie mit anderen Forschungseinrichtungen. Es wird eng mit den Koordinator_innen für Gleichstellung von Frauen und Männern anderer Regierungsinstitutionen zusammengearbeitet.

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Antidiskriminierungsgesetz

Ein Antidiskriminierungsgesetz gibt es seit 2003. Dieses und andere Gleichstellungsgesetze sind nachzulesen unter:
http://lex.bg/laws/ldoc/2135472223 (auf Bulgarisch),
Zusammenfassung auf Deutsch: http://merlin.obs.coe.int/iris/2003/10/article24.de.html oder zur Recherche auf Englisch http://www.legislationline.org/topics/topic/7/country/39

Kommission zum Schutz vor Diskriminierung

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Gesetze zu Quoten v.a. im politischen und wirtschaftlichen Bereich

Es existieren keine Quotenregelungen.

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Aktueller politischer Diskurs

Seitens der Regierung wird die Gleichstellungs-Politik so beschrieben, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein wichtiges Element der Demokratie sei und Voraussetzung für eine umfassende Umsetzung der Menschenrechte. Gleichheit ist von zentraler Bedeutung für die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und kennzeichnet ein nachhaltiges, intelligentes Wirtschaftswachstum. Sie berührt alle Lebensbereiche, somit ist die Gleichstellung der Geschlechter grundsätzlich in allen Politikbereichen eine notwendige Voraussetzung und Garantie für gutes Management und Fortschritt der Gesellschaft. Die Republik Bulgarien verfolgt eine konsequente Politik der Gleichstellung der Geschlechter, im Einklang mit nationalen Besonderheiten sowie in der Eigenschaft als EU-Mitgliedstaat .

Die Diskurse der letzten Jahre in der Regierungspolitik, aber auch bei den NGO`s haben sich kaum geändert, sie sind nur leiser geworden und zielen auf die Mehrfachdiskriminierung von Roma Frauen ab und auf die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und gegen häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder. Außerdem gibt es Aktivitäten in Richtung Änderung des Rollenverständnisses und des gesellschaftlichen Bildes von Männern. Große Anstrengungen werden auch im Bereich der Arbeitsmarktpolitik vollzogen, schon allein wegen der hohen Quote an Arbeitslosen in weiten Teilen Bulgariens. Menschen- und Frauenhandel stehen auf er Agenda der UN-Aktivitäten in Bulgarien.

  • „Bulgaria -Labour minister to draft gender equality law“ (Der Bulgarische Arbeitsminister entwirft ein Gesetz zur Geschlechtergleichstellung)

Die Frauenbeschäftigungsquote sank und die Gehälter bewegten sich 2013 bis zu 20 % untern denen von Männern – das und die Segregation des Arbeitsmarktes nach Geschlecht veranlasste 2015 den Minister für Arbeit und Soziales über ein neues Gesetz nachzudenken und eine breit angelegte Konsultation diesbezüglich zu veranlassen.

Im November 2015 organisierte die Ombudsfrau Maya Manolova einen Runden Tisch zur Gesetzesinitiative. So dürfen u.a. keine Stellenausschreibungen mehr ausschließlich für Männer oder Frauen sein, außerdem dürfen familiäre Situationen kein Gegenstand eines Vorstellungsgesprächs sein.

Am Parlament verabschiedete im April 2016 das Gleichstellungsgesetz. Bulgarien verfügte bislang nicht über solch ein Gesetz. Darin wird die staatliche Politik zur Gleichstellung der Geschlechter auf der Grundlage der Prinzipien der Chancengleichheit geregelt geltend in allen Bereichen des öffentlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens, für gleichen Zugang zu allen öffentlichen Mittel, Gleichbehandlung und Ausschluss von geschlechtsspezifischer Diskriminierung und Gewalt, ausgewogene Vertretung von Männern und Frauen in allen Entscheidungspositionen sowie die Überwindung von geschlechtsspezifischer Stereotypen . Darüber hinaus setzen die zentralen und regionalen Behörden KoordinatorInnen für die Gleichstellung der Geschlechter ein.
Das Gesetz sieht auch einen nationalen „Gender Equality - Rat“ vor.

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Akteur_innen

Parteien, zivilgesellschaftliche Organisationen

EU Ausschuss für Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter im Oktober 2006 (PDF, 5 Seiten, 144 KB) : "… unterstreicht die Bedeutung der Sozialpartner für den sozialen Dialog sowie des Sektors der Zivilgesellschaft und der Nichtregierungsorganisationen, insbesondere hinsichtlich der Förderung der Geschlechtergleichstellung und der Bekämpfung jeder Form der Diskriminierung, und fordert die bulgarischen Behörden und die EU auf, für angemessene finanzielle Unterstützung der Strukturen der Zivilgesellschaft im Allgemeinen und der auf dem Gebiet der Gleichstellungspolitik tätigen NRO im Besonderen zu sorgen."

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Ombudsperson

Der Ombudsmann der Republik Bulgarien ist momentan eine Frau – Maja Manolova. Die Institution der Ombudsperson ein oberstes unabhängiges Verfassungsorgan, das von der Nationalversammlung für die Dauer von fünf Jahren gewählt wird. Die so beauftragte Person ist für die Durchsetzung der Rechte der Menschen zuständig und Wächterin  des öffentlichen Interesses.

Bulgarian Ombudsman: Gender Equality Law to Guarantee Women's Representation

Non-Governmental Organisations (NGOs)

Women's Alliance for Development (bulgarisch, englisch):
Sie sind in unterschiedlichen Projekten aktiv; kümmern sich um Antidiskriminierung und die Gleichstellung von Frauen. Ihre Ziele sind auf der Homepage einsehbar. Die Homepage ist nicht mehr sehr aktuell und es besteht die Frage, wie aktiv die Allianz ist bzw. sein kann.

Zentrum für Frauenstudien und – Politik (bulgarisch, englisch):
Das Zentrum gibt eigene Studien heraus und ist in einem balkanweiten Frauennetzwerk verankert. Die Homepage bietet eine unendliche Fülle an Informationen und Links zu den aktuellen Projekten und Aktivitäten in Bulgarien hinsichtlich der Gleichstellung.

The Bulgarian Fund for Women (bulgarisch, englisch):
Der Fund ist eine unabhängige Organisation, die sich die Beschaffung von Ressourcen für die Etablierung und Stärkung von Frauenrechtsorganisationen auf die Fahnen geschrieben hat. Sie wollen Diskriminierung in der Gesellschaft möglichst auf allen Ebenen und in seinen Ausformungen bekämpfen.
Sie sind sehr aktiv in ihrer Arbeit. Aktuell kann man sich bspw. für die Teilnahme an einem sehr qualifizierten Studienprogramm für das Women`s Human Rights Training Institute bewerben.

Adresse:
37B, P.Parchevich Str.
1000 Sofia
Bulgaria

Tel: +359 2/ 986 47 10
Fax: +359 2/ 981 56 04
E-Mail: gender@fastbg.net

Bulgarian Gender Research Foundation (bulgarisch, englisch):
Die bulgarische Gender-Forschungs-Stiftung wurde 1998 in Sofia als eine unabhängige Nichtregierungsorganisation von öffentlichem Interesse gegründet. Die Organisation arbeitet auf dem Feld der Geschlechtergleichstellung, der Prävention häuslicher Gewalt, der reproduktiven Rechte und der Anti-Diskriminierung durch Information, Studien, Analysen, Kampagnen, Lobbyarbeit für Gesetzesinitiativen, Trainigs und Netzwerkarbeit. 

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Regierung, Ministerien

Das bulgarische Parlament hat einen ca. 23% Frauenanteil.

Gleichstellungspolitik ist im Ministerium für Arbeit und Soziales verankert.

Abteilung für Chancengleichheit von Frauen und Männern (bulgarisch, englisch):
Von hier aus gelangt man zu allen wichtigen AkteurInnen in der Regierung und den NGOs (Link, auf Bulgarisch)
Quelle: Women's Watch Bulgaria

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Wissenschaft

Universitäten und Einrichtungen

European Master in Women's and Gender History an der Universität von Sofia

Gender Education, Research and Technologies:

GERT hat es sich zur Aufgabe gemacht, unabhängig oder in Zusammenarbeit mit anderen NGOs, Aktivitäten zu initiieren oder zu implementieren, die auf Gleichstellung der Geschlechter, soziale und Geschlechtergerechtigkeit in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens abzielen, sowie auch die Verbesserung des Zugangs zu und die Nutzung von neuen Technologien.Die Hauptakteurin ist Jivka Marinova (auch aktiv im Netzwerk KARAT und präsent mit zahlreichen Vorträgen und Veröffentlichungen)

Bulgarian Association of University Women:
ist ein Verein, der sich um die Förderung und Unterstützung von Frauen in Wissenschaft bzw. an den Universitäten kümmert. Kontakte auf der Website: bauw-bg.com

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Quellen

Benennung der relevanten Quellen:

Wurden an den jeweiligen Textstellen genannt.

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Interessante Links

Eastern European Studies Centre, Struggling for gender equality: sharing Lithuanian and Bulgarian experience

Standart News, 20.05.2016 „Global Forum of Women Leaders: Bulgaria is TOP 5 in gender equality

ZEITonline, 1.7.2015 "Sexistisches Verhalten gehört einfach dazu"

(Ergänzung: Bulgarien hat am 21.04.2016 die Istanbuler Konventionen zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. unterschrieben)

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Ergebnisse einer Recherche von Tanja Berger und Pamela Dorsch 2010 im Auftrag des Gunda-Werner-Instituts der Heinrich-Böll-Stiftung. Aktualisiert Sommer 2016.


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