Alleinerziehende besser unterstützen

Reformbedarf im Unterhaltsvorschussgesetz
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Der Unterhaltsvorschuss ist eine familienpolitische Leistung, die das Ziel hat, zumindest zeitweise das Risiko des ausfallenden Kindesunterhalts von der Alleinerziehendenfamilie auf den Staat zu verlagern. Seit seiner Einführung im Jahr 1980 hat der Unterhaltsvorschuss an Bedeutung gewonnen. Trotzdem erreicht er nicht alle Alleinerziehendenfamilien, da er mit einer Höchstbezugsdauer von 72 Monaten und einer Altersgrenze (Vollendung des 12. Lebensjahres) versehen ist.

Empirische Untersuchungen über die Zahlung von Kindesunterhalt zeigen deutlich, dass ausfallender, unregelmäßiger oder nicht in voller Höhe gezahlter Kindesunterhalt ein großes Problem für viele Alleinerziehendenhaushalte darstellt. In etwa 75 Prozent der Fälle kann durch Kindesunterhaltszahlungen weder der angemessene Bedarf eines Kindes gedeckt noch eine Mindestsicherung erreicht werden. Angesichts der geringen Sicherungsfunktion, die der Kindesunterhalt in der sozialen Wirklichkeit entfaltet, sollte das Konzept der temporären Unterstützung durch den Unterhaltsvorschuss überdacht und der Unterhaltsvorschuss zu einer Leistung für Alleinerziehende umgewandelt werden, die auch dauerhaft zumindest das sächliche Existenzminimum des Kindes absichert. Eine solche Reform würde die finanzielle Situation vieler Alleinerziehendenfamilien verbessern.

Wenn der Staat in Vorleistung für ausfallenden Unterhalt geht, versucht er auch, auf dem Wege des Rückgriffs die vorgestreckten Mittel beim anderen Elternteil zurückzuholen. Die Einnahmen durch den Rückgriff, die sogenannte Rückholquote, sind allerdings eher gering. Die Rückholquote lag im Jahr 2015 im Bundesdurchschnitt bei 23 Prozent. Durch die Beteiligung der Länder an der Finanzierung des Unterhaltsvorschusses ist die größte Hürde für diese Reform die Einigung zwischen Bund und Ländern über die damit verbundenen Kosten. Eine Finanzierung eines Ausbaus des Unterhaltsvorschusses allein über eine Verbesserung der Rückholquoten ist allerdings nicht realistisch.

Das Wissen darüber, warum so häufig kein Kindesunterhalt gezahlt wird, ist sehr gering, gleiches gilt für die Ursachen der eher schlechten Einnahmen durch Rückgriffe. Prüfungen der Verwaltungspraxis zeigten in der Vergangenheit allerding eine Reihe von Missständen bei der Durchsetzung auf den Staat übergegangenen Unterhaltsansprüche auf, die beseitigt werden müssen. Letztlich auch deshalb, weil durch das Signal, dass der Rückgriff nicht ernsthaft betrieben wird auch die Botschaft ausgesendet wird, die Nichtzahlung von Unterhalt bleibe letztlich folgenlos. Es sollte darüber nachgedacht werden, wie die Kommunen besser motiviert werden können, die Rückholquoten zu optimieren. Eine Handlungsoption ist die Einrichtung regional übergreifender spezialisierter Rückgriffstellen.

Diese Publikation ist Teil unseres einführenden Dossiers „Feminismus & Gender".

 

Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
September 2016
Herausgegeben von
Heinrich-Böll-Stiftung e.V.
Seitenzahl
31
Inhaltsverzeichnis

1. Zusammenfassung

Einführung   

2. Problembeschreibung 

a. Empirische Erkenntnisse zur Sicherungsfunktion von Kindesunterhalt
b. Empirische Erkenntnisse zu den Gründen für ausfallenden Kindesunterhalt
c. Empirische  Erkenntnisse zur Sicherungsfunktion des Unterhaltsvorschusses 
d. Realität niedriger Rückholquoten (Rückgriff gegenüber unterhaltspflichtigen Elternteilen)
e. Zwischenfazit
 

3. Reformbedarf im Unterhaltsvorschussgesetz 

a. Altersgrenze anheben und Höchstbezugsdauer reformieren
b. Kindergeldanrechnung verändern    
c. Eheschließung/Verpartnerung als Leistungsausschlusskriterium überdenken
 

4. Vollzugsaufwand verringern: Vorrang des Unterhaltsvorschusses gegenüber dem SGB II abschaffen?  
 

5. Rückgriff gegenüber Unterhaltspflichtigen verbessern

a. Gründe für niedrige Rückholquoten und Verbesserungspotenzial  
b. Fehlerquellen beim Rückgriff    
c. Erfolgsfaktor Finanzierung der Unterhaltsvorschussstellen    
 

6. Fazit    

Literatur 
Quellen
    

 

 

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