Kriterien für geschlechtergerechte Steuerpolitik

Aus den Kritikpunkten an der Einkommensbesteuerung aus feministischer Perspektive lassen sich im wesentlichen 5 Aspekte ableiten, an denen eine geschlechterneutrale bzw. -gerechte Ausgestaltung des Steuersystems orientiert sein sollte.

Foto von vielen blauen Legosteinen auf einem Haufen
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Viele Aspekte können zusammen eine geschlechtergerechtere Steuerpolitk bilden
  1. Ende der Förderung asymmetrischer Arbeitsverteilung, Abbau negativer Erwerbsanreize
  2. Abbau von Ehegattensubsidiarität, Förderung individueller Existenzsicherung
  3. Minderung geschlechtsspezifischer Lohndifferenzen und Segregation des Arbeitsmarktes
  4. Verfassungskonformität
  5. Verteilungspolitische Gerechtigkeit und ehrliche Familienförderung
     

1. Faire Arbeitsverteilung und Erwerbstätigkeit der Zweitverdienerin / des Zweitverdieners

Individualbesteuerung
Unter dem ersten Aspekt – also vorrangig der gleichwertigeren Erwerbsstruktur von Paaren – sind die meisten Effekte klar von einer Einführung einer Individualbesteuerung zu erwarten. Dabei entfielen sämtliche Vor- und Nachteile gemeinsamer Veranlagung – damit auch und vor allem die hohe Hürde für ein Zweiteinkommen. Denn die Individualbesteuerung würde die Anreize für eine „klassische“ Rollenverteilung im Haushalt deutlich reduzieren, was starke Wohlfahrts- und Beschäftigungseffekte mit sich bringen dürfte. [Analysen von Prof. Miriam Beblo, PDF] ergaben, dass mit der Einführung der Individualbesteuerung bei 45% der Frauen Änderungen der Erwerbsstrukturen hin zu einer höheren Stundenzahl zu erwarten wären. Zugleich würden 10% der Männer ihre Erwerbsarbeitzeit reduzieren. Nach [Berechnungen von Dr. Katharina Wrohlich, PDF] wären bei Individualbesteuerung positive Arbeitsangebotseffekte zu erwarten, da die Partizipationsquote von Frauen auf dem Arbeitsmarkt um 5 %-Punkte steigen, die der Männer um 1%-Punkt sinken würde. Anders ausgedrückt: die durchschnittlichen Arbeitsstunden von Frauen stiegen um 11% und die der Männer verringerten sich um 2%.

Realsplitting
Das Realsplitting stellt die grundsätzliche Annahme einer Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft nur für hohe Einkommensgruppen in Frage, während in den unteren und mittleren Einkommensbereichen die Halbteilung wie beim Ehegattensplitting bestehen bleibt. Damit ist die Höhe des absoluten Steuervorteils auch weiterhin von der Einkommenshöhe und der Differenz zwischen beiden Einkommen abhängig, womit das Prinzip des Ehegattensplittings mitsamt dessen Auswirkungen insbesondere für geringer Verdienende aufrecht erhalten würde (Spangenberg 2005: 65). Dementsprechend wären die Arbeitsangebotseffekte bei der Einführung eines Realsplittings deutlich geringer als bei der Individualbesteuerung: zu erwarten wären ein Anstieg der Partizipationsquote von Frauen um 1 %-Punkt und eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit um 2,5%. Eine konkrete positive Auswirkung auf die Erwerbstätigkeit von Frauen ist daher vom Realsplitting kaum zu erwarten (Steiner/ Wrohlich 2004: 19).

Familiensplitting
Bei der Umwandlung des Ehegattensplitting in ein Familiensplitting wären – wenn überhaupt, denn das hängt von der konkreten Ausgestaltung ab – nur sehr geringe Veränderungen der Partizipation von Frauen am Arbeitsmarkt zu erwarten: Die durchschnittlichen Arbeitsstunden von Frauen stiegen um nicht einmal 0,3%. Da die gemeinsame Besteuerung beider Ehepartner bestehen bleibt und demzufolge vor die Grenzsteuersätze des Zweitverdieners vom Einkommen des Ehepartners abhängen, bleiben die Arbeitsangebotseffekte beim Familiensplitting gering. Es besteht also in diesem System – wie auch beim derzeitigen Ehegattensplitting – kein steuerlicher Anreiz, Einkommen aus Erwerbstätigkeit gleichmäßig unter den Ehepartnern aufzuteilen (Steiner/Wrohlich 2006: 448) [Wochenbericht Nr. 31/2006 der DIW Berlin, PDF].


2. Abbau von Ehegattensubsidiarität und Förderung individueller eigenständiger Existenzsicherung von Frauen und Männern

Individualbesteuerung
Die Individualbesteuerung ist ein Abkehr von der gemeinsamen Veranlagung und damit der Auffassung eines Ehepaares als „ein Steuersubjekt“. Mit dem individuellen Fokus werden beide PartnerInnen entsprechend ihres jeweiligen Einkommens besteuert, wodurch die Vergünstigung in Form des Splittingvorteils entfällt. Die oben stehende Grafik verdeutlicht diesen „Gewinn“, da bei Individualbesteuerung das Haushaltsnettoeinkommen fast direkt proportional zu den geleisteten Arbeitsstunden steigt.

Wenn also die Steuerentlastung nicht erst „wieder erarbeitet“ werden muss, sondern jeder zusätzlich verdiente Euro auch tatsächlich das Nettohaushaltseinkommen erhöht, sinkt die Hürde individueller Existenzsicherung für beide PartnerInnen, was sich ausgleichend auf deren Verhandlungspositionen auswirken dürfte. Beblo geht von erheblichen familieninternen Verteilungseffekten vor allem zu Gunsten von Frauen aus [Präsentation von Miriam Beblo, 2009, PDF]. Ein eigenes Einkommen beider EhepartnerInnen senkt die gegenseitige ökonomische Abhängigkeit, was letztlich ein nachhaltigerer Schutz vor Armut ist als ein der Steuervorteil des Ehegattensplittings. Dieses Modell nimmt normative Vorgaben zur eheinternen Arbeitsteilung völlig zurück, was Paaren tatsächliche Entscheidungsfreiheit ermöglicht. Die Umverteilungswirkung der Individualbesteuerung wäre ein wesentlicher geschlechterpolitischer Fortschritt.

Realsplitting
Schwieriger ist die Frage nach Umverteilungseffekten beim Realsplitting. Da bei diesem Modell des übertragbaren Höchstbetrages die (fiktiven?) Unterhaltsleistungen als Freibetrag bzw. zu versteuerndes Einkommen angerechnet werden, bleibt eine Hürde bestehen, die den Zweitverdienst zumindest bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe ökonomisch unsinnig erscheinen lässt. Das Realsplitting stellt gerade für geringere Einkommensgruppen keinen wesentlichen Unterschied zum Ehegattensplitting dar. Je nach der Höhe des übertragbaren Unterhaltsbetrages bleiben Subsidiarität und damit ökonomische Abhängigkeit das rationalere Kalkül als eine eheinterne Umverteilung der Erwerbs- und Einkommensstruktur.

Familiensplitting
Da das Familiensplitting entweder dem heutigen Ehegattenplitting oder dem Realsplitting entspricht, beide Prinzipien nur auf die Familie ausweitet, sind bei diesem Modell nur in maximal 3% aller Fälle eine familieninterne Umverteilung von Einkommen und Erwerbsstrukturen zu erwarten [Präsentation von Miriam Beblo, PDF]. Wenn das Familiensplitting auch auf unverheiratete Paare bzw. Eltern ausgedehnt würde, wie manche Modelle es vorschlagen, hätte dies sogar den Effekt, dass auch ledige Frauen mit den Problemen und der mittelbaren Diskriminierung des heutigen Ehegattensplittings konfrontiert wären. Hinsichtlich der Geschlechtergerechtigkeit wäre das Familiensplitting also sogar ein Rückschritt – insbesondere bei einer Ausweitung auf unverheiratete Paare.


3. Minderung geschlechtsspezifischer Lohndifferenzen und Segregation des Arbeitsmarktes

Individualbesteuerung
Da mit der Einführung der Individualbesteuerung auch die Steuerklassen III, IV und V entfallen würden, wäre mit einer einheitlichen Einkommensbesteuerung auch die diskriminierende Kombination III / V nicht mehr möglich. Die problematische Regelung, dass das geringere Einkommen höher besteuert wird, um die Steuerlast des höheren Einkommens zu mindern, trägt bisher wesentlich zur Lohnungerechtigkeit zwischen Männern und Frauen innerhalb der Ehe wie auch gesamtgesellschaftlich bei. Hinzu kommt, dass durch die zu erwartenden Veränderungen der Erwerbsbeteiligung beider Geschlechter die krassen Lohndifferenzen angeglichen werden könnten. Individualbesteuerung kann darüber hinaus ein erster und notwendiger, keineswegs aber hinreichender Schritt zu einer Verringerung der Segregation des Arbeitsmarktes sein. Mit der Rücknahme staatlicher Bevormundung der Erwerbstruktur von Paaren werden auch die Anreize zu rein erwerbs- oder haushaltszentriert Spezialisierung geringer. Frauen könnte es damit leichter fallen, ihre erwerbsbezogene Qualifikation aufrechtzuerhalten und damit besser am Arbeitsmarkt partizipieren zu können. Zugleich könnte mit dem Ende des steuerbegünstigten „Familienernährermodells“ der Druck auf Männer, das Haushaltseinkommen zu erwirtschaften sinken. In Verbindung mit gleichstellungsorientierten arbeitsmarkt- und familienpolitischen Maßnahmen würde die Individualbesteuerung einen wichtigen Schritt zur Verringerung der Lohndiskrepanz von Frauen und Männern sowie der Arbeitsmarktsegregation darstellen.

Realsplitting
Da die Verringerung der Lohnunterschiede und der Arbeitsmarktsegregation auf einem leichteren Zugang von Frauen zu Erwerbsarbeit und damit auf dem möglichst weitgehenden Abbau steuerlicher Hürden für Zweiverdienstehen basiert, birgt das Realsplitting hier nur bedingt positive Auswirkungen. Wieder ist es abhängig von der Höhe des übertragbaren Unterhalts – wobei gilt: je höher dieser ist, desto ähnlicher ist das Modell am Ende dem Ehegattensplitting und desto weniger geschlechterpolitisch positive Auswirkungen hätte diese Variante. Die zu erwartende geringe Erhöhung der Partizipationsquote von Frauen am Erwerbsarbeitsmarkt von ca. 1% [Präsentation von Katharina Wrohlich, 2009, PDF] lässt jedoch auf keine bedeutenden Effekte in Bezug auf Lohnungleichheit und Segregation schließen.

Familiensplitting
Auch in diesem Punkt wird deutlich: das Familiensplitting hat nichts mit einem geschlechtergerechten Steuersystem zu tun. Dieses Modell setzt keine steuerlichen Anreize für eine gleichmäßigere Verteilung der Einkommen aus Erwerbstätigkeit unter den Ehepartnern. Insofern stellt es ebenso wie das Ehegattensplitting die traditionelle Rollenteilung nicht in Frage, sondern fördert genauso eine einseitige Spezialisierung beider PartnerInnen auf Erwerbs- oder Hausarbeit.


4. Verfassungskonformität

Individualbesteuerung
Hier ergibt sich bei der Individualbesteuerung ein Problem: als reine Steuerreform hätte dieses Modell vor dem Bundesverfassungsgericht vermutlich keinen Bestand. Denn entsprechend Art. 6 GG dürfen Verheiratete wirtschaftlich nicht schlechtergestellt werden als ein nicht verheiratetes Paar. Das Ehegattensplitting garantiert diesen Sachverhalt im Rahmen des Steuerrechts – zumindest soweit, wie die Verhinderung eines höheren Haushaltnettoeinkommens durch Zweitverdienst nicht mit in Betracht gezogen wird. Im Falle der Individualbesteuerung ergibt sich dann ein Problem, wenn nicht parallel zur Steuerreform auch das Unterhaltsrecht und das Sozialrecht geändert werden. Insbesondere bei Scheidungen wäre das dann angewendete Realsplitting günstiger als die Individualbesteuerung. Paare dürfen aber durch Scheidung nicht besser gestellt werden – entsprechend wäre auch das Realsplitting im Scheidungsfalle abzuschaffen. Und schließlich stellen auch die im Sozialrecht gebräuchlichen Bedarfsgemeinschaften ein Problem für die Individualbesteuerung dar, denn auch hier könnte ein Paar durch Scheidung (und getrennte Wohnungen!) Arbeitslosengeld bekommen, wenn das zuvor aufgrund des Verdienstes des einen Partners nicht möglich war. Allerdings bestehen Bedarfsgemeinschaften auch heute schon unabhängig vom Zivilstand – auch viele nicht verheiratete Paare erhalten kein Arbeitslosengeld, wenn eine/r von beiden ein höheres Einkommen erzielt. Die „Besserstellung“ durch Scheidung ist hier also fragwürdig.

Individualbesteuerung wäre also dann verfassungskonform, wenn eine wirtschaftliche Besserstellung durch Scheidung bzw. eine wirtschaftliche Schlechterstellung eines Paares durch Heirat ausgeschlossen werden können. Dies ist nur möglich in Verbindung mit weiteren Reformen, die auf eine stärkere Individualisierung des Sozial-, Unterhalts- und Steuerrechts abzielen.

Realsplitting
Da das Realsplitting bis zu einem bestimmten Grad dem Ehegattensplitting ähnlich ist und im Falle einer Scheidung bereits gängige Praxis, ist zumindest keine wirtschaftliche Besserstellung eines Paares durch Scheidung zu erwarten. Im Gegensatz zum Ehegattensplitting, das die Ehe grundsätzlich ökonomische besser stellt als unverheiratete Paare, könnte es beim Realsplitting in den oberen Einkommensbereichen, die aus der Halbteilung herausfallen würden, zu ähnlichen Problemen kommen wie bei der Individualbesteuerung. Dies hängt jedoch von der Art und Höhe übertragbarer Beträge sowie weiterer unterhalts- und sozialpolitischer Rahmenbedingungen ab.

Familiensplitting
Da das Familiensplitting im System der ehezentrierten Steuerpolitik bleibt und nur eine Ausweitung des Ehegattensplittings darstellt, sind zunächst keine verfassungswidrigen Auswirkungen dieses Modells zu erwarten.


5. Verteilungspolitische Gerechtigkeit: besserer Ausgleich zwischen arm & reich, Ost- und Westdeutschland, ehrliche Familienförderung

Individualbesteuerung
Die Einführung einer Individualbesteuerung hätte in verteilungspolitischer Hinsicht zunächst entgegengesetzte Effekte: kurzfristig würde der Wegfall des Ehegattensplittings einer Steuererhöhung gleichkommen und Einkommenseinbußen in verschiedener Höhe bedeuten. Diese fallen aber je nach Höhe des Gesamteinkommens und dessen eheinterner Verteilung sehr unterschiedlich aus. Der Wegfall des Ehegattensplitting würde zu Steuermehraufkommen in Höhe von ca. 22 Mrd. € führen. Diese Belastungen würden sich aber so verteilen, dass 50% der gemeinsam veranlagten Ehepaare in Westdeutschland Einbußen in Höhe von maximal 150€ pro Monat, in Ostdeutschland von maximal 17€ pro Monat zu erwarten hätten. Am stärksten betroffen wären Einverdienstehen mit hohem Einkommen. Diesen Einkommenseinbußen steht jedoch die mittel- und langfristige Erhöhung des Haushaltnettoeinkommens im Zusammenhang mit der zu erwartenden höheren Erwerbsquote von Frauen entgegen. Da letzteres ein nachhaltigerer Effekt zu wirtschaftlicher Wohlfahrt ist als fragwürdige Steuervergünstigungen, ist die Individualbesteuerung insbesondere für geringe Einkommensklassen – und damit in den meisten Fällen auch für junge Familien – ein Gewinn. Zudem würde die Ungerechtigkeit, dass die Steuervergünstigung besonders wohlhabende Einverdienst-Paare besser stellt, abgeschafft. Mit den durch die Abschaffung des Ehegattensplitting frei werdenden Mitteln – ca. 22 Mrd. € pro Jahr – ließe sich zielgerichtet in eine Familienförderung investieren, die nicht steuerlich wirkt und daher allen Familien zu Gute kommt. PolitikerInnen von Bündnis 90 / Die Grünen schlagen vor, anstelle der Finanzierung des Ehegattensplittings lieber in den qualitativen und quantitativen Ausbau von Kinderbetreuung und Bildung zu investieren (so z.B. Cristine Scheel (2007); ["Emanzipation im Steuerrecht: Kinder besser fördern"].

Und auch für die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland wäre die Individualbesteuerung sinnvoll, da mehr als 90% des Ehegattensplittings Paare in Westdeutschland betrifft. Ostdeutsche Ehen profitieren aufgrund gleichberechtigter Erwerbsmuster, aber auch insgesamt geringerer Einkommen kaum vom Ehegattensplitting. Individualbesteuerung würde hier gleichwertige Bedingungen für Erwerb und Einkommenserzielung schaffen, anstatt tradierte westdeutsche Erwerbsmuster zu protegieren. Zwei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung sollte das Modell der Hausfrauenehe auch endlich steuerlich seine Dominanz verlieren, so wie dies empirisch schon in weiten Teilen Deutschlands und allemal in den neuen Bundesländern der Fall ist.

Realsplitting
Das Realsplitting hat nur einen geringen Einkommenseffekt: für 50% aller verheirateten Paare wird sich gegenüber dem Ehegattensplitting nichts ändern. Nur das oberste Dezil muss mit geringen Einkommenseinbußen rechnen. Da für den Splittingeffekt die Höhe des übertragbaren Freibetrages sowie des Gesamteinkommens zentral ist und es keine Anreize zur Veränderung von Einkommensstrukturen birgt, ist das Potenzial für positive verteilungspolitische Effekte gering. Besonders für die unteren Einkommensklassen gelten dieselben Probleme wie beim Ehegattensplitting.

Familiensplitting
Das Familiensplitting verschärft eher noch die Gegensätze auf horizontaler Ebene, da es insbesondere Familien mit hohem Gesamteinkommen, drei oder mehr Kindern und einer möglichst asymmetrischen Einkommensverteilung entlastet. Insofern verfestigen diese Modelle nicht nur die eheinterne Ungleichheit von Einkommensmustern und Spezialisierungen, sondern wirken auch verteilungspolitisch kontraproduktiv, besonders im Vergleich zu heutiger steuerlicher Familienpolitik über Freibeträge: Für Familien mit einem zu versteuernden Einkommen zwischen 19 000 und 69 000 Euro bewirkt der deutsche Kinderfreibetrag eine stärkere Entlastung als das Familiensplitting. Für Einkommen oberhalb von 69 000 Euro bringt das Familiensplitting höhere Entlastungen als der Kinderfreibetrag, während für sehr hohe Einkommen (ab 120 000 Euro) die Entlastungswirkungen wieder gleich sind (Steiner/Wrohlich 2006: 4). Das Familiensplitting ist also verteilungspolitisch ungerecht, da wieder vor allem hohe Einkommensgruppen davon profitieren, es entspricht aber auch nicht einer zielgerichteten, bedarfsorientierten Familienförderung, denn gerade junge Familien mit mehreren Kindern erreichen selten so hohe Einkommensklassen, dass ihnen die Entlastungswirkung zu Gute käme. Zudem fließen steuerlichen Entlastungen nur Erwerbstätigen zu, was diese Art der Familienförderung von Anfang an nur auf Familien mit Erwerbseinkommen fokussiert. Einer ernst gemeinten Familienpolitik hingegen sollten alle Familien gleichermaßen förderungswert sein.