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Zivil-militärische Zusammenarbeit in Afghanistan

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Ende 2008 waren in Afghanistan mehr als 52.000 Soldaten aus 40 Nationen im Einsatz, Deutschland war mit rund 4.500 SoldatInnen der drittgrößte Truppensteller. Von den insgesamt 26 Regionalen Wiederaufbauteams (Provincial Reconstruction Teams, PRT) wurden zwei, nämlich die in Kundus und Faisabad, durch Deutschland geführt. Diese zivil-militärischen Einheiten umfassen etwa 50 bis 500 Personen und werden jeweils von einem Militär und einem Zivilisten gemeinsam geführt. Sie sollen Sicherheit schaffen und Wiederaufbau ermöglichen. Sie dienen aber auch dem propagandistischen Zweck, die Gedeihlichkeit einer solchen zivil-militärischen Kooperation vorzuführen, indem sie Schulen bauen oder Brunnen bohren.
 
In der Praxis gibt es damit aber massive Probleme:

1. Afghanistan braucht keine Vielzahl von Brunnen, sondern große Infrastrukturprojekte, mit denen beispielsweise die alten Staudämme und Bewässerungssysteme wieder instandgesetzt werden.
2. SoldatInnen sind nicht als EntwicklungshelferInnen ausgebildet.
3. Sie bleiben sie höchstens acht Monate am Einsatzort und damit viel zu kurz, um die Probleme vor Ort kennenzulernen.
4. Damit wird indirekt die Entwicklungstätigkeit militarisiert.

In zwei Stellungnahmen des „Verbandes Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen“ [VENRO] vom Oktober 2007 und vom Oktober 2008, die von VertreterInnen der in Afghanistan tätigen Organisationen Caritas, Deutsche Welthungerhilfe, medico, medica mondiale und anderen formuliert wurde, wird das Vermischen von ziviler und militärischer Hilfe in den Provincial Reconstruction Teams scharf kritisiert: „Aus der zivil-militärischen Vermischung ergeben sich für NRO, die sich um Neutralität bemühen, seit geraumer Zeit immer größere Gefährdungen. Einige NRO haben in den letzten Jahren ihre Hilfe in Afghanistan unter anderem mit dem Hinweis eingestellt, dass aufgrund der Instrumentalisierung des humanitären Mandats durch das Militär eine unabhängige Hilfe nicht mehr leistbar sei.“ Die AutorInnen des Papiers plädieren deshalb vehement für einen Strategiewechsel beim Wiederaufbau: Vorrang für zivilen Aufbau, Beendigung der „Operation Enduring Freedom“, Konzentration der ISAF auf ihre Kernaufgabe Friedenssicherung und Milizenentwaffnung, Rück-Unterstellung der ISAF unter die UN, Trennung von militärischem Einsatz und ziviler Not- und Entwicklungshilfe einschließlich Auflösung der PRTs, konsequenter Schutz von Mädchen und Frauen.


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