Das internationale Friedensnetzwerk OMNIBUS 1325

Teilnehmer_innen des Workshops: Kaukasus 1325 und die transnationale Zusammenarbeit der Zivilgesellschaft
Hintergrund
OMNIBUS 1325 ist ein deutsch-kaukasisches Friedensnetzwerk, das bereits seit 2006 existiert. Damals begannen die ersten Kurse der „Mobilen Friedensakademie 1325“ im Kaukasus, dank der Projektpartner: Der „Vereinigung der Donfrauen“ in Nowotscherkassk, der Frauenorganisation „Fundsukhumi“ in Kutaisi in Georgien und dem Südkaukasusbüro der Heinrich-Böll-Stiftung in Tblissi. Die Idee zu diesem Bildungsprojekt war ursprünglich in der berliner Frauenorganisation OWEN e.V. entstanden, die bereits über jahrelange, gute Kontakte in den Kaukasus verfügte.

In einem dreijährigen Kurssystem zum Thema „Gender, Konflikt und Frieden“ trafen sich Frauen und Männer aus der gesamten Kaukasusregion, die sich in ihren Gesellschaften für Frauen- und Menschenrechte sowie gewaltfreie Konfliktbearbeitung und Frieden engagieren, um miteinander und voneinander zu lernen. Sie wollten verstehen, was „Gender“ in den jeweiligen gesellschaftlichen Zusammenhängen und Konfliktkontexten konkret bedeutet, woran die strukturelle und kulturelle Dimensionen von Geschlechterbeziehungen zu erkennen ist und welche Bedeutung diese für die Rolle von Frauen und Männern als Akteur_innen in den verschiedenen Konfliktdynamiken haben. Sie wollten verstehen, welche Barrieren zu überwinden sind, um mehr Frauen, aber auch mehr Männer, für ein zivilgesellschaftliches Friedensengagement zu gewinnen.

Parallel zu den Kaukasus-Kursen führte OWEN in Berlin ebenfalls OMNIBUS 1325 Kurse mit Teilnehmern aus Deutschland durch. Das Kurssystem bestand aus Grund- und Aufbaukursen. Während der drei Jahre fanden immer wieder auch Treffen zwischen Teilnehmer_innen der kaukasischen und deutschen Gruppe statt. Im letzten Kursjahr entschieden die kaukasischen Kursabsolvent_innen, dass nun ein gemeinsames, kaukasisch-deutsches Friedensnetzwerk, OMNIBUS 1325, aufgebaut werden sollte:

Unterschiedliche Menschen - Ein Ziel.
Das Netzwerk vereint Menschen, die ein gemeinsames Ziel haben und die dennoch sehr verschieden sind. Nicht nur die Biografien und Lebenswelten unterscheiden sich z.T. enorm sondern auch die Gemeinschaften, mit denen wir uns identifizieren oder identifiziert werden.
So sind alle kaukasischen Netzwerkmitglieder durch das sowjetische Bildungssystem geprägt worden. Die Älteren, wie z.B. Valentina aus Nowotscherkassk, Alla aus Kutaissi, Sajida aus Baku, haben während der Sowjetzeit als Ingenieur_innen, Ökonom_innen oder Wissenschaftler_innen in leitenden Positionen gearbeitet. Die Jüngeren erlebten als Kinder und Jugendliche den Zerfall der Sowjetunion sowie die Kaukasuskriege der 90er Jahre. Die meisten der kaukasischen Netzwerkmitglieder entschieden sich für ein Engagement in der Friedens- und Menschenrechtsarbeit, weil sie unmittelbar erlebten und erleben, wie durch die Propagierung von kollektiven Feindbildern innerhalb ihrer Gesellschaften die Gefahr erneuter Gewaltausbrüche wuchs und auch weiter wächst. Sie wollen Alternativen für gewaltfreie Wege der Konfliktlösung aufzeigen sowie Verbündete in den Orten und Gemeinden finden, in denen sie leben oder zu denen sie Zugang haben.

Die Mitglieder:
Sie kommen aus Armenien, Aserbaidschan, Abchasien, Bergkarabach, Georgien, Dagestan, Nordossetien, Kabardino-Balkarien, der Rostower Region, Tschetschenien und aus Deutschland. Unter ihnen sind Menschen, die verschiedenen Religionen angehören und solche, die nicht religiös gebunden sind. Wir haben unterschiedliche Sichtweisen und Ansichten. Oft stimmen sie in ihren politischen Meinungen nicht überein.
Auf den vielen Treffen in den vergangenen Jahren haben sie sich mehr und mehr kennen gelernt. Es sind vertrauensvolle und freundschaftliche Beziehungen entstanden, die ihnen ermöglichten, auch über ihre Differenzen zu sprechen und mit Konflikten offener umzugehen. Die Netzwerkmitglieder stehen in ständigem Kontakt miteinander. Sie beraten und unterstützen sich gegenseitig in ihrer Arbeit vor Ort, es werden gemeinsame Aktivitäten geplant und durchgeführt.
Das gewachsene Vertrauen bildet die Basis, um sich kritisch mit ihren persönlichen und gemeinsamen Verständnis von Friedensarbeit und ihrem Selbstverständnis als Friedensarbeiter_innen auseinanderzusetzen.

Begegnung in Bosnien-Herzigowina:
Es ist der 11. Oktober 2010. Eine Gruppe von 16 Frauen und Männern aus dem Kaukasus und Deutschland haben sich in Sanski Most in Bosnien-Herzegowina, versammelt. Ihr Gastgeber ist das „Centre for Peacebuilding“. Die Organisation „Centre for Peacebuilding“ ging aus einer informellen Initiative hervor, die der Imam Vahidin Omarovic mit einem Freund, bereits kurz nach dem Bosnienkrieg, gestartet hatte. Beide wuchsen in der Gegend um Sanski Mostaufund erlebten als Jugendliche den Krieg und den gewaltsamen Tod vieler Familienangehöriger. Vahidin und eine Gruppe von jungen Freiwilligen erzählen bei den Treffen was Friedensarbeit für sie in ihren Heimatregionen  bedeutet. Gäste und Gastgeber kommen schnell miteinander ins Gespräch. Sie erzählen einander was sie dazu gebracht hat sich für Wege zum Frieden in ihren Gesellschaften zu engagieren und mit welchen Erfahrungen ihr Tun verbunden ist.

Friedensarbeit im Kaukasus:
Mit in diesem Kreis sitzt ein schmächtiger junger Mann. Sein Name ist Sergey und er kommt aus Beslan. Sergey war 24 Jahre, als seine beiden jüngeren Geschwister das Massaker vom 1. September 2004 in der ersten Mittelschule von Beslan knapp überlebten.Nach dem Massaker besuchte er zusammen mit einem Freund die Familien, deren Kinder in der Schule getötet worden waren. Er sprach mit ihnen, um zu verhindern, dass die Männer der Familien mit Waffen gegen die vermeintlichen Attentäter im Nachbarland Inguschetien vorgehen, um den Tod ihrer Kinder zu rächen. Wahrscheinlich war es wohl auch diesen Gesprächen zu verdanken, dass es damals nicht zu Rachefeldzügen kam. Sergey und sein Freund begannen, mit Schülerinnen und Schülern der Schule zusammen zu arbeiten. Er organisierte u.a. einen Boxclub für Jungen und später auch für Mädchen. Schließlich er gründete die Jugendorganisation „AFON“, um für Jugendliche in seiner Heimatstadt eine Alternative zu den zunehmend attraktiver werdenden militarisierten und nationalistischen offiziellen Jugendverbänden zu schaffen.

Aus dem Nordkaukasus kommt auch Inna. Inna lacht viel und ihre großen, dunklen Augen können wunderbar strahlen. Nur selten aber zeigt sie ihre Traurigkeit und Ängste:  Inna ist Armenierin, in Tschetschenien geboren und aufgewachsen. Beide Tschetschenienkriege erlebte sie in Grosny. Ihr Vater und Bruder, beide Zivilisten, wurden im zweiten Tschetschenienkrieg von russischen Soldaten erschossen. Sie floh daraufhin mit ihrer Mutter in ein Flüchtlingslager nach Inguschetien.
Nach der Rückkehr gründete Inna mit anderen Frauen die Frauenorganisation SINTEM. SINTEM bietet kriegstraumatisierten Frauen und Gewaltopfern psychologische Hilfe und Beratung an.Des Weiteren arbeitet SINTEM mit Frauengruppen zu den Themen Frauen-, undMenschenrechte sowie Gewalt zusammen. Dieses Engagement ist mit vielen Schwierigkeiten und äußerst hohen persönlichen Risiken verbunden. Das Ausmaß an Gewalt gegenüber Frauen hat in den letzten Jahren in Tschetschenien erheblich zugenommen. Fast immer bleibt im Dunkeln, wer die Gewalttäter sind und in wessen Auftrag sie handeln.

Albert ist aus der Region Nagorny Karabach, die heute völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehört, angereist. Albert ist Armenier, der in Baku geboren wurde. Dort hat er seine Kindheit verbracht, bis er mit seinen Eltern nach Stepanakert, die Hauptstadt der Region Nagorny Karabach, zog. Später war Albert ein hochrangiger Militär, der als junger Mann im Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan auf armenischer Seite um die Enklave Nagorny Karabach kämpfte. Zu seinen Aufgaben gehörten vor allem der Austausch von Kriegsgefangenen und die Rückführung von getöteten Soldaten.
Sofort nach dem Krieg kündigte er den Militärdienst und wurde mit 42 Jahren pensioniert. Er gründete die Menschen- und Bürgerrechtsorganisation „Zentrum für Bürgerinitiativen in Nagorny Karabach“. Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen insbesondere in der Beratung und Unterstützung von sexuellen Minderheiten, in der Arbeit mit Häftlingen und Strafentlassenen sowie in der Arbeit mit Frauen in ländlichen Regionen. In öffentlichen Veranstaltungen werden Menschenrechtsfragen und der Karabachkonflikt diskutiert. Dazu gehört auch der Dialog zwischen den Konfliktparteien, um eine Verhandlungslösung für diesen Konflikt zu finden.
Vor vier Jahren lernte Albert den Exmilitär Azad aus Baku kennen. Azad kämpfte als Soldat während des Krieges gegen die armenische Armee, der Albert angehörte. Auch er verließ das Militär und arbeitet seit Jahren als Psychologe in einem Frauenkrisenzentrum in Baku. Wann immer sie sich, wie hier in Bosnien-Herzegowina, treffen, sitzen sie nächtelang zusammen, diskutieren und versuchen zu verstehen, was damals geschehen war und wie  zum Karabachkonflikt kommen konnte. Aus den ehemaligen Feinden sind Freunde geworden. Sie vertreten oft unterschiedliche Positionen, sind sich aber dennoch darin einig, dass heute beide ihren Teil zum Frieden im Kaukasus beitragen.

Stimmen von Mitgliedern über das Netzwerk OMNIBUS 1325
Für diesen Beitrag über das Netzwerk OMNIBUS 1325 haben wir in Interviews Mitglieder des Netzwerks danach gefragt, was das OMNIBUS-Netzwerk für sie und für ihre Friedensarbeit bedeutet. Einige Aussagen sollen hier beispielhaft wiedergegeben werden:

Valentina Cherevatenko, die Gründerin und Leiterin der „Vereinigung der Donfrauen“ sagt über ihre Beziehung zum Netzwerk:
„Vertrauensbildung ist eine der wichtigsten und zugleich schwierigsten Voraussetzungen für Friedensarbeit. Der besondere Wert des Netzwerks besteht für mich darin, dass wir es geschafft haben, uns zu vertrauen und damit die tiefen Gräben zu überbrücken, die die Konflikte zwischen und innerhalb unserer Gesellschaften gerissen haben. Ich sehe im Kennenlernen der eigenen und der Kultur der Anderen“ eine der Hauptaufgaben für die Friedensarbeit. Die kulturelle Vielfalt, die die Netzwerkmitglieder mitbringen, der offene Dialog über unsere verschiedenen Vergangenheiten und Erinnerungen, unsere unterschiedlichen Wahrnehmungen, Erfahrungen und Meinungen haben gezeigt, dass das Treffen mit den Anderen und die Chance bietet unseren eigenen Kontext aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Auf diese Weise konnte ich auch lernen, dass wir alle Menschen sind, die Peacebuilding aus sich selbst heraus machen – und das ist wirklich wertvoll für mich. Um unsere Kulturen in Kulturen des Friedens zu ändern, müssen wir ein kritisches Bewusstsein über unsere eigene Kultur entwickeln sowie an internationalen Dialogen teilnehmen.
Alla Gamacharia aus Georgien und ich initiierten zum Beispiel regelmäßige Dialoge zwischen georgischen und russischen Frauen. Wir kamen auf diese Idee nach dem russisch-georgischen Krieg 2008, als wir beide schwer litten und auch harte Diskussionen führten. Daraufhin beschlossen wir, dass wir mehr Personen mit unterschiedlichen Hintergründen brauchen, um zu einem russisch-georgischen Dialog von Mitgliedern der Zivilgesellschaft zu kommen. Meine Erfahrungen in unserem Netzwerk halfen schließlich auch der „Vereinigung der Donfrauen“ um Schlichtungsräte in Schulen zu schaffen, wo Studenten zusammen mit ihren Lehrern Mediationsprozesse implementieren. Das ist wirklich sehr fordernd und ungewöhnlich für uns ebenso wie für die Lehrer. Für mich sind solche Räte Räte der Friedenskultur. Und jetzt, abgesehen von all den Hinternissen, die wir hatten, mehr und mehr Schulen beginnen sich für die Einrichtung solcher Räte zu interessieren. Die Kultur des Friedens benötigt kritisches Denken und Kreativität. In unserem Team haben wir beschlossen die Märchenbücher mit negativen Frauenbildern neu zu schreiben und zu überlegen, wie sie ausgehen würden, wenn das Bild der weiblichen Protagonistin positiv wäre. Diese Art von Imagewechsel stößt Menschen zum Nachdenken an und dazu ihr eigenes Geschlechterrollenbild zu überdenken sowie über ihre eigenen Perspektiven und die Welt um sie selbst herum nachzudenken.

Alla Gamacharia ist Leiterin der Frauenorganisation Fundsukhumi. Sie wurde in Moskau geboren und zog als junge Frau mit ihrem Ehemann, einem Georgier, in dessen Heimatstadt Sukhumi. 1995 nach dem Sieg Abchasiens im Krieg gegen Georgien musste sie mit ihrer Familie aus Sukhumi flüchten. Seither wohnt Alla in Kutaisi in Georgien. Gemeinsam mit anderen IDPs (Internally Displaced Persons) gründete sie  den „Fundsuhkumi“. Alla über das OMNIBUS 1325-Netzwerk:
“Currently we are  an actively working network of people with the common vision of the peaceful resolution of conflicts and the integration of gender aspects in this process. Related to the question ‘how we found each other,’ I think we find each other everyday in a different way. For instance, I met Valentina Cherevatenko already in 1999 and since then we are involved together in various conferences and discussions. But I began to know her in a different way when we started to cooperate within the network of Omnibus 1325 and I found her again in 2008 during the conflict between Russia and Georgia. I say I found her again because, although we had a lot of heavy discussions in August of 2008, and it was clear for me that we both needed to prevent the re-escalation of the conflict over the South Ossetia issue, at the same time our national feelings and identity issues were touched. When we decided to think on the establishment of dialogue of women between Georgia and Russia, Valentina was one who could understand my feelings, concerns, and thoughts, so I found her again.
Our network members intend to change the world around us. We intend to change things that for us are harmful because now there is always a risk of new violent waves.
We try to organize processes of change and we have to do it in our own reality. Just simply to talk to each other and to try to understand. It is about dialogue for thinking of what can be changed. For instance, we’ve established the Alliance of Women from Georgia and Russia, which helped us to understand each other through organizing different things like photo exhibitions or translations of books of Russian authors to Georgian and vice-versa. This was done so that people would have a chance to express themselves and to make broader the number of people who are around us.
There are two concrete examples of change which are linked to the Georgian-Abkhazian conflict context. On the border of Georgia and Abkhazia, where Russian troops are stationed, students in Georgian villages are learning in the territory of Abkhazia (because this was the closest school, and another one in Georgian territory, was about 15 kilometers away). There was an incident where a group of children crossed the border to go to school, but were unable to come back to their village. In this case, women in Georgia and Abkhazia made a demonstration because they could understand each other as parents. This brought changes, and the military post was removed.
Recently, our organization was informed that from Abkhazia a girl was brought who needed a serious operation. The problem was that her blood was a rare type. I started to think what could we do and then I remembered that one of our colleagues in our office who is Georgian and also an IDP from Sukhumi has the same blood type. I asked her if she would be willing to give her blood to the Abkhazian girl. Manana’s father was killed during the war with Abkhazia. But Manana decided to share her blood with the Abkhazian girl. Now, she says that she has a blood sister in Abkhazia, whose name is Sophie.

We try to form a culture of peace what includes a culture of critical thinking in our societies.
For this I can bring another example from our reality in Kutaisi. One of our students made a film about a girl who was surrounded by violence – having violence in her family, violent men in her neighborhood, etc. Finally she decided to commit suicide. The students who prepared this film organized many screenings and discussions about the film and the theme of violence against women. In one of the discussions , the men were saying that it was the girls fault, and supported the violence done against that girl. They explained that the girl didn’t want to follow the traditions, she should be quiet and respectful towards men in her environment, etc. The group of filmmakers was frustrated and shocked that a part of society was really supporting this violence. We thought a lot about what we should do about these people who really support this violent act and legitimized this violence by cultural traditions. Should we leave everything as it is, or should we involve them and start a new discussion to give them a small chance to look over their life from a slightly different perspective. We decided to continue the discussion as we came to the agreement, that inclusiveness is the most effective tool for achieving changes.“

Edgar Khachatryan, Co-Autor dieses Artikels ist ebenfalls Mitglied des OMNIBUS 1325-Netzwerks und gehört zu der jüngeren Generation. Er kommt aus Vandzor in Armenien. Als die Sowjetunion  auseinanderbrach und der Krieg mit Aserbaidschan um die Enklave Nagorny Karabach begann, hatte er gerade die Schule beendet. Nachdem er bereits über mehrere Jahre in einer internationalen und in Vandzor ansässigen Menschenrechtsorganisation gearbeitet hatte, gründete Edgar vor zwei Jahren zusammen mit Freunden die NGO „Peace Dialogue". Edgar Khachatryan über OMNIBUS 1325:
„For me the peace network Omnibus 1325 is a network of men and women from countries and regions of the Caucasus and Germany who are actively involved in Peace Activism.
I found people there through all the deep reflections we had over the years. I would say actually that above of all, I found myself, and then after that I was able to find the other people there. From my perspective, our OMNIBUS intends to empower more women and men in the Caucasus and in Germany to help them to become active civil society actors. The network strives to create conditions for cooperation and support between people from conflicting and post-conflict countries.
The process of changes for peace, in my understanding, is implemented by means of peace education. This education is based on dialogue and the main object is the human self with his or her feelings, and life experience. And the peace education in our OMNIBUS is very much based on the pedagogical concept of the Brazilian liberation educator Paolo Freire and aimed to form critical thinking and self realization.
I live in a country where the majority of society very much supports violence in various aspects. The society is justifying it through cultural traditions, victimization, lessons learned from history. As children of this society, sometimes one gets lost, because one passes through so many levels. The most important and hard thing is the self transformation and realization; when one realizes that one’s own feelings, needs, and ability to change. One always needs people with absolutely different positions and perspectives in order to realize oneselfes better – to compare different perceptions and different experiences of the surrounding people. To me the most powerful thing in the network is the diversity of its members. The dialogue of this diversity: in visions, in perceptions, in character, etc, helps me to understand better the context in which we live through the comparison of the different lessons learned, different perceptions, etc.
I think in the context where I live, the critical thinking is the key factor for changes. Now, the reality from my perspective brings us to the situation where we don’t want to think; we forget thinking. Even in advertisements, people say that they think for us – banks, mobile providers – so there is really no need to think. So people in my understanding forgot how to feel, to think, and there are a lot of explanations for this. Some say that they need to survive, so the only thing that they can think of is how to survive because of the economic difficulties of daily life. For me this is the most important factor of structural violence within societies. In the activities of Peace Dialogue a lot of things that we do here are rooted in Omnibus and its philosophy based on Freire’s liberation pedagogy and Boal’s Theater of the oppressed.
So in our  project 'Let’s see… let’s choose… let’s change', we strive to create a space for young people to think about their life and their reality; to realize their needs and potential for changes. Now we are deeper and deeper involved in activities at the local level. Because of the dialogical approach, my perception towards even my city has been changed a lot. I understood now, how young people in Armenia are hungry for being heard or how they are striving to change their life. At the same time, they hide it even from their friends – afraid that they will not be understood. So the space for them to revise their visions, as I see now, makes people active. For me this is really about the creation of civil society - society that feels the responsibility for their tomorrow.”

Andrea Zemskow-Züge ist Mitglied des Netzwerks aus Berlin. Sie ist Historikerin und Osteuropawissenschaftlerin und hat mehrere Jahre in St. Petersburg gelebt. Mit OWEN e.V. ist Andrea bereits seit Mitte der 90er Jahre verbunden. In OMNIBUS brachte und bringt sie ihre Fachkompetenz vor allem in die pädagogische Arbeit zum Thema „Gender in Geschichte und Erinnerung“ ein. Andrea über das Netzwerk:
„I think we are an alliance for change, working in various fields and countries. I came to the network as a professional but soon I discovered, that just as much as my professional skills and knowledge, my personality was needed. To understand, what peace building means I had to learn, that peace is not something to achieve but something one needs to keep doing. And I had as much to give as to learn from the other network members.
Change for peace means to me to achieve dialogue and overcome silence in various fields. The more I get involved in our network , the more it seems to me, that it’s important to create more space for people to listen to and speak to each other. I see this necessity in my society as well as in other countries I have visited. Mostly people talk to those who, they assume, think similarly, who have the same background and ideas as themselves. But to achieve a more real and complex view on society we need to listen more carefully to those who are different from us. In peace education we can build spaces for this kind of dialogue and use techniques to help us start the dialogue and keep it going.
And I think that even more than knowing what we do NOT want, we need to develop a vision of what we DO want to achieve. This is for me the first step of planning any activity, and for this step we need to analyze the context of our activism. And for analyzing the reality openness is important. We have to provide a safe place for the topics and ideas of the people we work with and to be open to learn rather than giving too much theoretical information. It is important, that we do not exclude ourselves from the changes we want to achieve. Therefore we need dialogue. This is also a great potential of working in an international network: that the other network members give us their input and perspectives. In that way we learn from and about each other.
I think that we all carry around certain ideas that do not let us see unexpected new aspects and keep us from hearing and understanding others. These “old certainties” are transported in our cultures and families, in the stories we tell and the way we think about other people and cultures. These need to be overcome in order to achieve dialogue. Also, in all countries, there are systemic and political obstacles to peace work. Therefore, it is important to work with people and context oriented pedagogical approaches and means and be more orientated on the real changes than on projects.
By talking to each other openly. We can overcome many obstacles. We need to be aware of manifestations of a culture of silence. And it is important that we invite not only those who are similar to us, but also those, who, we assume, are different from us.”

Marina Grasse, die zweite Co-Autorin dieses Artikels lebt auch in Berlin. Sie ist eine der Mit-Gründerinnen von OWEN und war in der Friedensbewegung in der DDR engagiert, wo sie bereits etwas über das Konzept der pädagogischen Deliberation von Paolo Freire lernte. Martina Grasse über das Netzwerk:
„Zu aller erst würde ich sagen, wir sind eine lernende, reflektierende und handelnde Gemeinschaft von Personen, die verantwortlich sind für das, was um uns rum passiert. Weiter sind wir Personen, die angefangen haben sich gegenseitig und anderen zu vertrauen. Während der letzten fünf Jahre habe ich mehr und mehr verstanden, dass Friedensarbeit mit Menschen abläuft. Demnach ist Friedensarbeit ein niemals endender Prozess und sehr fordernd für uns alle. Ich lernte zudem, wie schwer es ist die Stille und die verinnerlichte Unterdrückung bei den betreffenden Personen zu überwinden. Ich verstand, dass Frieden nicht nur eine Transformation von der 'Gewaltkultur' und der 'Gewaltstrukturen' bedeutet, sondern vielmehr als erstes eine personelle Transformation stattfinden muss. Weiter lernte ich, dass wir die Begegnungen mit 'den Anderen' und 'dem Anderen' brauchen. Wir brauchen die Begegnungen als einen wirklichen Dialog für unsere eigene Transformation.
Für mich ist das Netzwerk eine einzigartige Möglichkeit um unser eigenes Bewusstsein zu entwickeln, dass heißt ein kritisches Bewusstsein darüber zu entwickeln was um uns herum passiert, in unserer Welt. Darüber hinaus ist damit untrennbar der Glaube an die Möglichkeit des Wandels verbunden. Wir alle haben die Kraft dazu etwas zu verändern!
Die harten Diskussionen mit unseren Mitgliedern während der letzten Jahre, was Frieden bedeutet und wie Frieden definiert werden kann und was Zivilgesellschaft für uns bedeutet, halfen mit enorm um ein Gespür dafür zu bekommen, welche Entwicklungen in meiner Gesellschaft, in Deutschland, vor sich gehen. Zusammen mit meinen Kollegen bei OWEN diskutierten wir in diesem Zusammenhang auch viel über Fragen was Friedensarbeit, Zivilgesellschaft, Menschenrechte, Demokratie, soziale Gerechtigkeit, Gendergerechtigkeit und Partizipation von Zivilgesellschaft in unserer Gesellschaft heißt:Auch in Deutschland werden bestimmte Bevölkerungsgruppen marginalisiert und stigmatisiert. Insbesondere Migrantinnen und Migranten mit islamischem Hintergrund sind einem aggressiver werdenden Antiislamismus ausgesetzt, der inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.
In diesem Jahr hat OWEN begonnen, mit Bewohnerinnen des Berliner Stadtteils Neukölln zu arbeiten. Neukölln gilt als 'sozialer Brennpunkt', als 'Problembezirk', in dem sehr viele Familien mit Migrationshintergrund leben. Zum Thema 'Meine-deine-unsere Geschichte. Neuköllnerinnen im Dialog' erzählten sich Frauen 'mit und ohne Migrationshintergrund' ihre Lebensgeschichten. Daraus entstand bei den Teilnehmerinnen der Wunsch, in Neukölln gemeinsame Bürgerinneninitiativen zu entwickeln, um beispielhafte Wege für ein 'gutes Zusammenleben' in Neukölln aufzuzeigen. Bis zum Frühjahr 2011 wollen wir die ersten gemeinsamen Ideen erarbeiten und danach Schritt für Schritt zusammen mit neuköllner Frauen umsetzen. Die Erfahrungen aus dieser Form von Friedensarbeit in Deutschland werden wir in das OMNIBUS-Netzwerk einbringen.“