Geschlechter(un)gerechtigkeit im Frauenfußball in Nigeria

Ayishat Falode (Sportjournalistin, nigerianischer Fußballverband) im Dresdner Glücksgasstadion (Mai 2011)
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Ayishat Falode (Sportjournalistin, nigerianischer Fußballverband) im Dresdner Glücksgasstadion (Mai 2011)

Vortrag von Ayishat Falode, gehalten am Dienstag, 15. März 2011 in Lagos

Das Thema liegt mir sehr am Herzen. In meinem kurzen Vortrag stelle ich in 10 Aspekten bestehende Ungerechtigkeiten im Frauenfußball in Nigeria dar.

1. Wettkampf

Während die Liga sowohl im Männer- als auch im Frauenfußball das Aushängeschild ist, ist die Männerliga vollständig autonom und genießt somit sämtliche Vergünstigungen und Vorteile der Sponsorenförderung, Vermarktung und Werbung. Gerade in diesem Moment treffen sich die Sponsoren im Gericht, um zu entscheiden, wer die nächsten NPL-Titelsponsoren sein werden; die Frauenliga hingegen hat noch nicht einmal feste und beständige Spieltage oder Termine.

In der Spielzeit 2010 wurden in der Profiliga der Frauen alle neun Spiele ausgetragen; die Super 6 zur Ermittlung des Meisters der Liga wurde hingegen nicht ausgetragen und die Spielzeit endete ohne Meister/Gewinner. Von den 20 Teams in der Profiliga der Frauen befinden sich 16 Teams in staatlichem und vier in privatem Besitz, wobei alle damit zu kämpfen haben, ihren finanziellen Verpflichtungen den Clubs gegenüber nachzukommen. Dies bringt mich zum nächsten Punkt:

2. Marketing / Werbung / Sponsorenförderung

Uns wurde von der Marketingabteilung des Fußballverbandes (FA) mitgeteilt, dass sich der FA außerstande sehe, zwei Wettkämpfe gleichzeitig zu vermarkten: Frauenfußball und Beach-Fußball. Das ist erstens nicht wahr und zweitens traurig.

3. Entgelt / Entlohnung / Zuschüsse

Obgleich das Nationalteam der Frauen, die Super Falcons, – mit einer Ausnahme – sämtliche Titel der Afrikanischen Frauenmeisterschaft (AWC) gewannen, haben sie keine angemessene Belohnung für diese Leistung erhalten. Als die Super Eagles 1994 den Nations Cup gewannen, wurde ein nationaler Feiertag ausgerufen und die Spieler und Funktionäre bekamen Häuser und Autos geschenkt. In Tunesien wurde die Bronzemedaille der Eagles 2004 abermals „vergoldet“. Und obgleich die Super Falcons immer wieder AWC-Meister werden, haben sie bisher keine angemessene Belohnung dafür erhalten. Auch die feste Zusage unseres Präsidenten nach dem letzten Sieg ist bis heute unerfüllt geblieben.

4. Förderprämien

In allen Bereichen des Fußballs werden die Frauen in Nigeria marginalisiert und sind schreienden Ungerechtigkeiten ausgesetzt, also auch in einem Spiel, das Fairplay predigt. Von den jährlichen Förderprämien, die jeder Bund/Verband von der FIFA erhält, sind 10% explizit für die Förderung des Frauenfußballs vorgesehen. Wofür diese 10% jedoch verwendet werden, entzieht sich unserer Kenntnis.

5. Trainerschaft

Alle zwanzig Vereinstrainer in der Profiliga der Frauen sind Männer. Es gibt keine einzige Frau.

6. Trainergehalt/ Siasia und Eucharia im Vergleich

Erst kürzlich wurde eine Frau zur Trainerin der Super Falcons ernannt, jedoch ohne sicheren Arbeitsvertrag. Einige Male hat es Spekulationen gegeben, dass Eucharia Uche vielleicht nicht einmal die Super Falcons nach Deutschland zur Weltmeisterschaft begleiten kann.

Trainer Samson Siasia bezieht ein monatliches Einkommen von 5 Mio. Naira; Austin Eguavoen, der Trainer der Olympiamannschaft, verdient monatlich 2 Mio., wohingegen Eucharia Uche ein monatliches Anfangsgehalt von 500.000 Naira bekam. Erst kürzlich wurde ihr monatliches Gehalt auf 1 Mio Naira erhöht.

Das ist die Theorie; praktisch jedoch erhält sie seit zwei Jahren kein Geld und wir alle halten die Füße still. Wenn es Siasia oder Eguavoen wären, gäbe es einen Aufschrei.

7. Spielervergütung / Prämien / Entlohnung

Die Super Eagles

Eine Siegprämie fängt bei $5.000 an, hinzu kommen $1.500 bzw. $2.000 für jeden weiteren Sieg.

Manchmal wird diese Staffelung jedoch einfach fallen gelassen.

Beim Angola Nations Cup lag die Startsumme für einen Sieg bei $10.000; jedem Spieler wurden zusätzlich $50.000 zugesagt, sollte die Mannschaft den Cup gewinnen.

Den Super Eagles wurde in Südafrika sogar für ein verlorenes Spiel gegen Argentinien eine Siegprämie gezahlt.

Vergleichen wir dies nun einmal mit den Super Falcons: Eine Siegprämie fängt bei $1.000 pro Spielerin an; für jeden weiteren Sieg erhalten die Spielerinnen je $500. Wann ist die Grenze der Gefühllosigkeit erreicht?

8. Unterschriftsprämien

Die Prämien in der Nigeria Premier League verteilen sich wie folgt:

Trainer werden für eine Unterschriftsprämie von 10 Mio. Naira unter Vertrag genommen und bekommen ein maximales Gehalt von 400.000 Naira; die teuersten Spieler werden für eine Unterschriftsprämie von 5,5 Mio. Naira unter Vertrag genommen, ihr Grundgehalt beläuft sich auf 100.000 Naira. Obgleich diese Zahlen nicht gesetzlich festgelegt sind, gibt es gezielte Anstrengungen, Richtwerte festzusetzen.

In der Profiliga der Frauen liegt die Unterschriftsprämie hingegen bei 50.000 Naira! Die Deckelung des Gehalts für die Großverdienerinnen in den staatlichen Vereinen liegt bei 25.000 Naira. Private Vereinsinhaber hingegen zahlen Gehälter zwischen 7.500 und 15.000 Naira pro Monat. Die meisten Vereine haben ihren Spielerinnen zwei, drei oder vier Jahre keine Gehälter gezahlt. Ein Extremfall stellt der Privateigentümer eines Frauenvereins dar, der seine Mannschaft jedes Jahr komplett austauscht, ohne den Spielerinnen auch nur einen Kobo Gehalt gezahlt zu haben. So schlecht steht es um den Frauenfußball.

9. Freundschaftsspiele

Vor der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika machten die Super Eagles diverse Trainingsreisen und nahmen an Freundschaftsspielen teil (einmal sogar vor leeren Zuschauerreihen bei einem Spiel gegen Kolumbien in England).

Erst kürzlich fuhr die Mannschaft zu einem vorgetäuschten Freundschaftsspiel in die USA, ohne auch nur einmal einen Ball zu schießen. Es bleiben noch drei Monate bis zur Frauenfußball-WM in Deutschland. Die Super Falcons haben in aller Eile ein Freundschaftsspiel bestritten. Und obgleich wir weder ihre Trainingsprogramme noch ihre Trainingsstätten kennen, werden wir zur WM nach Deutschland fahren und Wunder von der Mannschaft erwarten.

10. Medien

Die Medien sind schuldig im Sinne der Anklage. Wir haben nicht genug getan, um die Gleichberechtigung der Frauen in einem Spiel zu fördern, das uns schon seit Langem Freude bereitet und sowohl die Leistungen einzelner Spielerinnen als auch der gesamten Mannschaft feiern lässt.

Beim letzten AWC haben die Super Falcons nicht nur den Titel gewonnen; Perpetua Nkwocha wurde mit 11 Treffern Torschützenkönigin, Stella Mbachu wurde zur besten Spielerin und Precious Dede zur besten Torhüterin des Turniers gewählt.

Die Medien haben nicht genug getan, um die Leistungen der Frauen zu feiern. Wir können mehr tun. Der Frauenfußball hat unsere Aufmerksamkeit verdient, denn die Frauen arbeiten hart daran, Respekt für ihre Leistungen zu bekommen.

Es wäre nur fair, diese Ungerechtigkeitslücke im Fußball zu schließen.

Schlussfolgerung

In Bezug auf die vorbenannten Argumente tritt das Thema Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit noch deutlicher zutage, wenn man sich die Tatsache vor Augen führt, dass die Frauen das erfolgreichste Team in der Geschichte des nigerianischen Fußballs sind. Der Frauenfußball in Nigeria ist eine Erfolgsgeschichte.

  • Sechs Mal AWC Meister
  • Teilnahme der A-Nationalmannschaft an sämtlichen Weltmeisterschaften seit 1991
  • Teilnahme an sämtlichen U-20 Weltmeisterschaften, Einzug ins Finale in Deutschland 2010
  • Teilnahme an sämtlichen U-17 Weltmeisterschaften, beim letzten Mal Einzug ins Viertelfinale

Die fesselnde Erfolgsgeschichte des Frauenfußballs und seiner Potentiale passt in keinster Weise zu den Chancen, die sich aus der Bilanz ihrer Leistungen ergeben.

Warum diese Ungerechtigkeit?

Ich überlasse es Ihnen, eine Antwort auf diese Frage zu finden.

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Ayishat Falode
CAF Media Officer
AIT Programmleiterin, Sport

 
 
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