H A R T Ă. rumänisch hartă, ceartă, artă deutsch Landkarte, Auseinandersetzung, Kunst

Ziegelsteinmauer, daraus ein Graffitti: rosa Herz mit zwei Venussymbolen
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Sandra Hettmann nimmt den_die Leser_In mit auf eine lyrische Reise durch Rumänien - und auch ins eigene Sein
Die Städte mit B.

Dritte Station.

Katzen haben hier neun Leben.

Die magische Zahl sieben plus eins plus eins.

Wie viele Auseinandersetzungen kann meine literarische Figur aushalten? Sie läuft durch die Stadt und versucht in Fragmenten die Narrativik zu finden. Gespenster. Die Wucht der Erinnerungen manifestiert sich in auswuchernden Träumen.

Vorbei. Vorbei am Piaţa Revoluţiei, Piaţa Victoriei, Piaţa Universităţii. Wie in spiralförmigen Kreisen drehen sich die Gedanken hoch, schrauben ihre Formen in latenten Bildlichkeiten von Berührungen, die keine Grenzen kennen und vernarbte Oberflächen zurücklassen. Sie läuft weiter, um nicht auf der Standspur zu verharren. Die Worte dringen nicht durch die Hüllen. Das Echo verdoppelt sich und kommt zurück. Sie kennt die Antworten, weiß um die Fakten und die Heimlichkeiten. Unheimlicherweise sind die Geräusche wie punktuelle Nadelstiche, welche die Blasen zum Platzen bringen.

Bukarest eine Mischung aus Apotheken, die in grün blinkenden Zeichen und Plakaten eine Überpräsenz von Gesundheit und Behaglichkeit anrufen wollen; daneben reihen sich die mächtigen Namen der Banken. Plastikscheine, glatt und sauber liegen auf der Maskerade zwischen Einsamkeit und der Sehnsucht nach festhalten und festgehalten werden. In den Casinos und Spielhallen der Stadt visualisieren sich die unausgesprochenen Wünsche. Glitzernde und blinkende Automaten scheinen die Erfüllung von Assoziationsgewittern zu befriedigen.
Hier an diesen anonymen Orten, wo die Blicke auf den Symbolen zum verschmähten-verwunschenen Reichtum ruhen, entstehen Zeitlichkeiten, welche den verdorbenen Anspruch tragen, die Fetzen erneut zu zerreißen, um sie dann mit Kleber wieder zu angeschlagenen Standbildern zusammenzubringen.

Du läufst auf der unübersetzbaren Gestik an himmlischen Verfluchungen weiter. Auf einem deplatzierten Metallgitter schaust du durch die Stäbe in die Öffnung deiner fest verschlossenen Befindlichkeiten. Wie kannst du die Er_Innen-Perspektive wechseln?

Schwer so schwer. Wie eintreten? Wie diese Bastion an anachronistischen Bewegungen sortieren?

Ein Zwinkern von dir.

Du, der die Codes der Verwunschenen spricht.

Mit feuriger Melodie die Worte in deine Blasen hauchst und singst und stoßt.

Ich liege auf Dir uns spüre die sanften Fingerspitzen auf meiner Haut. Elektrisierend und pulsierend finden sie ihren Weg auf meinen Körperlandschaften.

Ich schaue zurück. Zurück zu Dir. Zurück ins Jetzt.

Bukarest scheint eloquent und äquivalent und eklatant zu sein.

Die dritte Station.

Drei e.

Mir gefallen die Dunstkurven, die um die Ecke biegen und gepunktete Verwechslungen provozieren. Bald haben wir den Kanal durchquert und können auf der anderen Seite emporsteigen. Du streckst mir deine Zungenspitze entgegen.

Ich versuche mich tragen zu lassen. Wir reisen durch Rumänien. Ich fange an zu verstehen. Mechanismen meines Selbst und das der Anderen. Ein großes Wort, welches Subjektivitäten birgt. Es geht hier nicht um Konzepte oder systemtheoretische Ansätze und auch nicht um Sprengungen. Diese Reise ist eine Fahrt durch meinen Wissenskörper. Ich spüre Bewegungen in mir. Muskelgruppen, die vertieft mit und an der Kapillarversorgung arbeiten. Ich nähere mich den Karpaten. Das schwarze Meer und die Halbinsel Portiţei über Jurilovca liegen hinter uns. Dieses Land ist gezeichnet von aufmerksamen Widersprüchen. Von abwechslungsreichen Läufen. Gelegentlich summt und stottert mein Kompass, weil die Nadel in die Luftblasen trifft, die bunt und durchsichtig meine Lebenslust huldigen.

Gespannt schaue ich mich um und entdecke Spuren, deren Konturen in meinem Unterbewusstsein Figurationen skizzieren und Erkenntnisse verbildlichen, die notwendigerweise mit Topologien unverkennbarer Erinnerungen kämpfen. Ein vorsichtiges Abtasten von Körperzonen.

Die Sonne geht über Brăila auf, als ich um 6:03 von Elena geweckt werde. Die Federkernmatratze spannt ein letztes Mal ihre Drähte und während ich mein Gewicht verlagere und mich dem Tag entgegenstrecke, perlen die Wassertropfen auf deiner glatten Haut wie glitzernde Fäden in Richtung Badewannenboden.

Vermischt mit Schaum folge ich deinen einladenden Blicken und blinzele Dir zu.

Unsere Blicke treffen sich.

Blitzlichter und eine Zugstation, die im satten Morgenlicht die Übergänge von schwarz und weiß vermeintlich filtriert und in Bündeln zurückwirft.

Du.

Stehst dazwischen.

Versuchst den bündelnden Halmen zu entkommen.

Wie ein verwunschener Jaguar tanzt Du geschmeidig mit mir.

Morgen früh wirst du meinen Nacken küssen und die Abdrücke deiner Schatten bedauern.

Du wirst weiter an deiner Identität bauen. Zwischen den Zeilen lugt die Ungeduld deiner brennenden Sehnsucht hervor.

Ohh mein Katzentier spannt den Bogen, um mit den Tatzen gegen den Wind zu kämpfen. Ich steige weiter empor, auf den herunterfallenden Strickleitern. Die schwarzen Stoppeln auf meinem Dildo-Kopf versprühen wieder Glanz in diesen Zufällen an Begehrensrelationen. Relativ rumorvoll steckte ich mit und ohne Dildo in diesen Machenschaften an unausgesprochenen Gefühlen.