Importstopp von Cytotec® erschwert adäquate Gesundheitsversorgung von gestörten und ungewollten Schwangerschaften

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Aufgrund eines vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angeregten Importstopps ist das Medikament Cytotec® seit April 2021 in Deutschland nur noch unter sehr erschwerten Bedingungen erhältlich. Das ohnehin nur im sog. „off label use“ benutzte Medikament mit dem Wirkstoff Misoprostol gehört zu einem der wichtigsten Standardmedikamente in der Gynäkologie und Geburtshilfe. Die WHO hat den Wirkstoff bereits vor zehn Jahren auf die „essentielle Liste“ gesetzt.

Ausgelöst wurde der Importstopp wahrscheinlich durch Schlagzeilen im Frühjahr 2020, in denen das Medikament für Komplikationen bei Geburtseinleitungen verantwortlich gemacht wurde. Falsch dosiert kann das Medikament zu Komplikationen führen. Richtig dosiert jedoch ist es, laut Deutscher Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) ein sicheres und effektives Medikament zur Geburtseinleitung. Häufig unterschlagen in der medialen Debatte wird außerdem, dass Cytotec® eins von zwei essentiellen Medikamenten für sichere und unkomplizierte medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche ist.  

In einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Spahn und die Zuständigen der Arzneimittelbehörde äußern über 15 Berufsverbände und Vereine, darunter die DGGG, Doctors for Choice, Profamilia Bundesverband und der Deutsche Hebammenverband ihre Kritik am Importstopp, sowie ihre Sorge in Bezug auf dessen Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung von ungewollt Schwangeren, gestört Schwangeren und Gebärenden. Es sei für Deutschland nicht tragbar, so schreiben sie „den Zugang zu einem essentiellen Medikament deutlich zu erschweren.“ Des weiteren fordern sie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und die Verteter der Arzneimittelbehörde dazu auf, den Importstopp zurück zu nehmen und die Versorgung von Schwangeren und Gebärenden mit Misoprostol in der jeweils benötigten Dosierung zu gewährleisten. Die besondere Betreuung von Schwangeren in Notsituationen sei ansonsten gefährdet.

Der offene Brief kann hier nachgelesen werden.

Einige Interessensverbände von Eltern, die traumatische Erfahrungen in der Geburtshilfe gemacht haben, begrüßen indes den Importstopp. Sie machen das Medikament für ihre negativen Erfahrungen im Kreißsaal verantwortlich. Hierzu positioniert sich Doctors for Choice e.V. in einer Stellungnahme, in der sie verdeutlichen, dass es gilt, Gewalt in der Geburtshilfe unbedingt zu bekämpfen, z.B. durch Leitfäden, Weiterbildung, höhere Personalschlüssel und ein Ende der Ökonomisierung der Geburtshilfe. Den Zugang zu einem Medikament zu erschweren, welches in der richtigen Anwendung eine Geburt erleichtern oder in einem ganz anderen Fall eine ungewollte Schwangerschaft effektiv und sicher beenden kann, sehen sie allerdings nicht als richtige Lösung an.

Die Stellungnahme kann hier nachgelesen werden.

Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion Dr. Kirsten Kappert-Gonther positioniert sich kritisch zum Importstopp und fordert stattdessen einen „Kulturwandel in der Geburtshilfe“.