Neu: Agent*In – ein kritisches Online-Lexikon zu Anti-Feminismus

Stellungnahme des Vorstands zum endgültigen Ausstieg aus dem Wiki „Agent*in

Der Vorstand hat im Rahmen seiner Aufarbeitung entschieden, das Wiki  „Agent*In“ nicht fortzuführen. Die Stiftung wird in der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und Angriffen auf feministische und gleichstellungspolitische Errungenschaften zukünftig andere Formate der politischen Bildungsarbeit nutzen und neu entwickeln. (04.11.2017)

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Stellungnahme des Vorstands zum endgültigen Ausstieg aus dem Wiki „Agent*in

Der Vorstand hat im Rahmen seiner Aufarbeitung entschieden, das Wiki  „Agent*In“ nicht fortzuführen. Die Stiftung wird in der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und Angriffen auf feministische und gleichstellungspolitische Errungenschaften zukünftig andere Formate der politischen Bildungsarbeit nutzen und neu entwickeln. (04.11.2017)

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Stellungnahme des Vorstands vom 07.08.2017

Barbara Unmüßig und Dr. Ellen Ueberschär, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, erklären:

In Abstimmung mit der Redaktion des Projekts hat der Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung das Online-Lexikon „Agent*In“ vom Netz genommen. Die öffentlich und intern geübte Kritik am Format der „Agent*In“ hat uns deutlich gemacht, dass dieser Weg nicht geeignet ist, die gesellschaftspolitische Auseinandersetzung zu Antifeminismus zu führen. Wir bedauern sehr, dass durch die gewählte Form manche an antidemokratische Methoden erinnert werden und entschuldigen uns bei denjenigen, die sich möglicherweise persönlich verletzt fühlen.

Die Heinrich-Böll-Stiftung steht im In- und Ausland für eine Bildungsarbeit, die sich für Demokratie, Menschenrechte und Gerechtigkeit einsetzt und dabei in ihrer Arbeit vom Respekt für Andersdenkende geprägt ist, aber auch die Meinungsäußerungs- und Wissenschaftsfreiheit verteidigt. Insbesondere vor diesem Hintergrund werden wir die Kritik und Reaktionen zum Anlass nehmen, die bisherige Veröffentlichung zu überprüfen. Entsprechend unseres Selbstverständnisses werden wir Ziele und Format sowie die Zusammenarbeit mit dem Netzwerk und die Wirkung der „Agent*in“ kritisch hinterfragen, zeitnah intern beraten und die öffentliche Debatte führen. Das Ergebnis werden wir mitteilen. Solange ruht das Projekt.

Berlin, den 07. August 2017

 

 


www.agentin.org

Angriffe gegen Feminismus, Gleichstellungspolitik, sexuelle Selbstbestimmung, gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Geschlechterforschung haben stark zugenommen. Wer mehr über Gruppierungen und Akteur*innen erfahren will, die hinter antifeministischen Angriffen und Parolen stecken und wie diese vernetzt sind, findet umfassende Informationen in dem neu erstellten Online-Lexikon Agent*In (Anti-Gender-Networks - Information). Die Agent*In ist ein gemeinsames Projekt des Gunda-Werner-Instituts und einer Gruppe von feministischen Autor*innen. 

Die Agent*In ist ein sogenanntes Wiki und basiert auf der freien Software Mediawiki. In ihm werden Wissen, Daten, Fakten und Zusammenhänge über die Einflussnahme von antifeministischen Akteur*innen auf Politik und Öffentlichkeit gesammelt und organisiert. Alle Informationen sind aus öffentlich zugänglichen Quellen zusammengetragen. Neu ist die Verknüpfung und Zusammenstellung der Daten sowie die Einordnung der Akteur*innen.

Antifeministische Kräfte sind europa- und weltweit vernetzt. Doch diese Netze sind oft unsichtbar. Die Agent*In versucht diese Netzwerke, deren Institutionen, Geschichte und führende Protagonist*innen sowie deren Positionen sichtbar zu machen und über deren Ziele und Ideologien, Vorgehensweisen, Argumentationsstrategien und Distributionsmechanismen aufzuklären. Hinweise auf weiterführende Literatur und Materialien eröffnen Zugänge zu feministischen und emanzipatorischen Ansätzen und Perspektiven.

Die Agent*In erleichtert u.a. Aktivist_innen, Multiplikator_innen und Journalist_innen sowie Bildungseinrichtungen die Recherche zu anti-feministischen Akteur_innen und bietet die Möglichkeit, sich anhand der Informationen selber ein Bild über deren ideologische Ausrichtung und Vernetzung zu machen.

Hintergrund:

Die gesellschaftliche Polarisierung zwischen autoritär orientierten Parteien und Gruppierungen und emanzipatorischen Kräften, die eine offene und liberale Gesellschaft mit all ihren Errungenschaften verteidigen wollen, nimmt zu. Mittendrin können wir seit Jahren Antifeminismus beobachten, der als verbindendes Element, als Kitt zwischen (national)konservativen, rechtspopulistischen bis hin zu rechtsextremen Einstellungen und Politiken fungiert und die Brücke in die sogenannte Mitte der Gesellschaft bildet. In dieser sind antifeministische Positionen gleichfalls verankert.

Islamfeindlichkeit, Homophobie und Ablehnung von ‚Gender-Ideologie‘ verbinden eine bunte Mischung von Rechtsaußenparteien, Gruppierungen und fundamentalistischen Bewegungen in ganz Europa und über die Grenzen Europas hinaus. In Deutschland gehören zu diesem Spektrum u.a. die AfD, Pegida, HogeSa, Besorgte Eltern, Demo für alle, die Zivile Koalition, sogenannte Lebensschützer oder christlich-fundamentalistische Organisationen und Gruppierungen der Neuen Rechten. Diese antifeministischen, geschlechtskonservativen und mitunter rassistischen Kreise mobilisieren z.T. schon seit Jahren auf europäischer und nationalstaatlicher Ebene gegen Gleichstellungspolitik und emanzipative Geschlechterbewegungen wie auch gegen die Geschlechterforschung. Durch Demonstrationen, sprachliche Subversion und Aktionen, die sich z.B. gegen „Gender-Wahn“ oder die „Frühsexualisierung unserer Kinder“ richten sowie gezielte Tabubrüche wollen sie Einfluss auf den öffentlichen Diskurs nehmen. Unterstützung erhalten diese Gruppierungen u.a. von (ultra)konservativen Publizist_innen. Der Blick auf Leitmedien, Talkshows und Bestsellerlisten zeigt, dass der Einfluss von Anti-Feminist_innen in den letzten Jahren stärker geworden ist. Egal ob es sich um die Thematisierung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in der Gesellschaft, in Schulen oder in den Gender Studies handelt oder um Familien- und Rollenvorstellungen – der Protest richtet sich stets gegen post-essentialistische Sexualitäts- und Genderkonzepte.

Ausgestattet mit Gegenargumenten

Viele Menschen sind mit antifeministischen Parolen und Behauptungen schon konfrontiert worden. Manche würden gerne Behauptungen in Gesprächen und Diskussionen widerlegen, wissen aber nicht genau wie. Die Broschüre „Gender raus!“ Zwölf Richtigstellungen zu Antifeminismus und Gender-Kritik“ bietet verständliche Argumente und Anregungen, wie antifeministische Behauptungen und Parolen entlarvt und richtiggestellt werden können. Die Broschüre wurde gemeinsam vom Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung und der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Autorin Franziska Schutzbach erstellt.