Möglichkeiten gesetzlicher Neuregelungen im Konfliktfeld «Gehsteigbelästigungen»
Der Zugang zu reproduktiven Rechten und Gesundheitsleistungen ist in Deutschland nicht flächendeckend gesichert. Neben sehr weitreichenden Werbeverboten und der Kriminalisierung von Ärzt*innen erschweren Abtreibungsgegner*innen mit sogenannten „Gehsteigbelästigungen“ den ungehinderten Zugang ungewollt Schwangerer zu Beratungseinrichtungen und ärztlichen Praxen. Dies geschieht meist durch Plakate, direkte Ansprache oder kollektives Beten. Berater*innen von pro familia und anderen Einrichtungen, die die gesetzlich vorgeschriebene Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, fordern schon seit langem einen besseren Schutz der Beratung Suchenden und der Berater*innen selbst.
Ein vom Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass das Persönlichkeitsrecht der schwangeren Person, welches im Falle einer frühen Schwangerschaft der besonders schützenswerten Intimsphäre zuzuordnen ist, in der Regel schwerer wiegt, als die Meinungsfreiheit oder das Versammlungsrecht sowie die Religionsfreiheit der Abtreibungsgegner*innen. Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit könnten auch außerhalb der Hör- und Sichtweite der Einrichtung ausgeübt werden. Die schwangere Person hingegen ist gesetzlich verpflichtet, die Pflichtberatung aufzusuchen, um im Rahmen des §218 straffrei einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu können.
Das Gutachten schlägt daher die Ergänzung eines §14a SchKG um einen Ordnungswidrigkeitstatbestand vor, der die versuchte oder erfolgreiche Beeinflussung der Ratsuchenden mit einem Bußgeld belegt.
Die zugehörige Handreichung mit politischen Handlungsempfehlungen ist hier verfügbar.