47. Green Ladies Lunch: Peking +20

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Internationale Frauenpolitik als Motor für Gleichstellungspolitik - Peking +20 und die Istanbul-Konvention – ein Plus für feministische Praxis in Deutschland?!

Mit:

  • Elke Ferner
  • Ulle Schauws
  • Mona Küppers
  • Behshid Najafi
  • Beate Rudolf
  • Karin Nordmeyer
  • Christa Wichterich
  • Regina Frey
  • N. N., Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (angefragt)

Moderation:

  • Gitti Hentschel, Leitung GWI

Geschlechtergerechtigkeit ist Bedingung für gesellschaftliche Entwicklung und friedliches Zusammenleben, für Abbau von Gewalt und für wirtschaftlichen Wohlstand. Diese Erkenntnis war schon vor 20 Jahren Grundlage der Pekinger Aktionsplattform, die auf der Vierten Weltfrauenkonferenz von Peking verabschiedet wurde. Die Pekinger Aktionsplattform gilt - nach der schon 35 Jahre bestehenden CEDAW-Konvention - bis heute als Meilenstein für die Verankerung von Frauen- und Menschenrechten weltweit und wurde von 191 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen anerkannt. Inzwischen gibt es für einzelne Themenfelder weitere internationale Vorgaben und UN-Resolutionen.

Zur Bekämpfung häuslicher Gewalt wurde zudem 2011 das "Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt" (Istanbulkonvention) verabschiedet, die 2014 in Kraft trat.

Doch noch immer sind wir überall auf der Welt von Geschlechtergerechtigkeit und dem systematischen Abbau von Frauendiskriminierung, insbesondere von genderbasierter Gewalt meilenweit entfernt. Das machte spätestens die Peking-Plattform-Review auf der 59. UN-Frauenrechtskommission in New York im März 2015 deutlich, zu der mehr als 8000 Frauen aus allen Ländern, Regierungsvertreter_innen wie NGOs und zivilgesellschaftliche Akteurinnen zusammen gekommen sind.

Zwar sind Fortschritte und Errungenschaften bei der Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen – regional unterschiedlich – zu verzeichnen, vor allem auf dem Papier, das heißt in gesetzlichen Vorgaben und Absichtserklärungen. Aber in der realen Gleichstellung der Geschlechter gibt es Rückschläge und Rückschritte. Das politische Klima ist international von einer konservativen Mobilmachung gegen Frauen-Menschenrechte bestimmt. Politisch-religiöse Fundamentalismen aller Couleur scheinen auf dem Vormarsch, die Beschneidung von Frauenrechten, vor allem die verstärkt angewandte Gewalt gegen Frauen, nicht nur im Krieg, sondern auch im häuslichen Bereich, nehmen zu.

Damit soll nun endgültig Schluss sein. Zur definitiven Einlösung der Postulate der Peking-Plattform hat die Geschäftsführerin von UN-Women, Phumzile Mlambo-Ngcuka bei der 59. FRK die Kampagne ausgerufen „Planet 50-50 until 2030: Step it up for gender equality“, und hier in Deutschland mobilisiert UN Women mit dem Slogan „Wer Frauen stärkt, stärkt die Welt: Mach mit!“

Doch haben die international und national agierenden Frauenorganisationen und Frauenlobbys noch die Strahlkraft und Power, dies tatsächlich zu realisieren und gegenüber ihren Regierungen durchzusetzen? Erreichen die etablierten Frauenorganisationen in den einzelnen Ländern noch die Basis/Grassroot-Aktivistinnen und Projektarbeiterinnen? Wie weit sind die Grassroot-Aktivistinnen überhaupt noch in diese internationalen Prozesse und Debatten eingebunden und dafür ansprechbar?

Und zugleich: Was ist von den Zusagen und Versprechungen der Regierungsdelegationen auf der FRK zur endlichen Realisierung der Peking-Plattform zu halten? Was bringen solche UN- Konferenzen, die in den 1990er Jahren für die Frauenbewegungen und die Formulierung von Standards einen Schub bedeuteten, in diesem Jahrtausend und Jahrzehnt tatsächlich? Rechtfertigt der Ertrag solcher Konferenzen überhaupt noch den ungeheuren Aufwand an Ressourcen, an Zeit, Energie und Finanzen? Sind dazu Konventionen wie die Istanbul-Konvention eine Alternative oder Ergänzung?Können sie neuen Aufschwung für Frauenpartizipation und Emanzipation erreichen?
Oder sollten sich die Energien der Aktivistinnen besser auf andere Aktivitäten und neue Strategieentwicklungen verlagern? Was sind Alternativen?

Beim 47. Green Ladies Lunch am 3. Juli 2015 möchten wir vor dem Hintergrund der Ergebnisse der 59. FRK und der bis heute noch nicht von der Bundesregierung ratifizierten Istanbul-Konvention diese und weitere Fragen mit Blick auf die Situation in der Bundesrepublik Deutschland erörtern und zur Diskussion stellen.

Denn auch in Deutschland erleben noch immer 40 % der Frauen physische oder sexualisierte Gewalt, sind Frauen in Führungspositionen in Wirtschaft und Medien, aber auch im politischen Bereich und in Institutionen noch längst nicht angemessen vertreten. Noch immer ist die Lohndiskrepanz zwischen Männern und Frauen erheblich, ebenso die Differenz zwischen den Renten, und Flüchtlingsfrauen und Migrantinnen erleben Ausgrenzung und Diskriminierung in besonderem Maße.

Leitfragen des 47. Green Ladies Lunch sind:

  • Wie bewerten die Vertreterinnen etablierter Frauenorganisationen und Lobbys die Ergebnisse der 59. FRK?
  • (Wie) Kann eine solche Internationale Bestandsaufnahme und Kampagne für deutsche Prozesse Wirkung entfalten?
  • Wie haben Projektvertreterinnen und Basis-Aktivistinnen die FRK und deren Ergebnisse wahrgenommen?
  • Welche Verbindungen und welchen Austausch gibt es zwischen Regierung und Basis / Projektarbeiterinnen in Bezug auf Fragen der Umsetzung der Peking-Plattform?
  • Kann eine Initiative auf UN-Ebene bzw. durch UN Women Schubkraft für einen neuen feministischen Aufschwung in Deutschland bzw. für die Einlösung der Vorgaben der Peking-Plattform haben?
  • Welche Relevanz haben Frauenbewegungen in anderen Ländern für die Aktivistinnen in Deutschland?
  • Welche Relevanz hat die Istanbul-Konvention für Deutschland?
  • Welche Strategien und Maßnahmen müssten für die Gleichberechtigung in Deutschland und den Abbau von genderbasierter Gewalt ergriffen werden?